Ausstellung: Gläserne Welten der Schönheit

Im Düsseldorfer Museum Kunst Palast steht das Glas im Blick der Kunst.

Düsseldorf. Glas ist das einzige Material mit immaterieller Wirkung. Es muss bemalt oder geritzt werden, um das Unsichtbare zu veranschaulichen. Transparentes Glas wird sichtbar durch die Reflexe, die sich in ihm spiegeln, oder durch Flüssigkeiten, die es beinhaltet.

Diesem Zugleich von Substanz und optischer Substanzlosigkeit, von Bildlichkeit und Bildlosigkeit gilt eine wunderschöne Ausstellung im museum kunst palast: "Zerbrechliche Schönheit" ist ihr Titel.

Den Auftakt macht ein pompejanisches Fresko aus Gotha: Es ist so golden wie die Sonne, lagen doch einst Gold und Glas in der Wertschätzung eng beieinander. Gleich daneben schickt Angel Vergara aus unzähligen Kristallglasflaschen ein gleißendes Licht in den Raum.

Im Mittelalter galt Glas als spirituell aufgeladener Werkstoff zur Vermittlung von christlichen Glaubensinhalten. Der Kelch verwies auf die Reinheit Mariens. Die Glasfenster laden noch heute die Kirchen mystisch auf. In einem Museum ist dies ein besonderer Hochgenuss.

Ein weiteres Objekt aus höchster Höhe hängt im Schleppnetz am Neoprenseil und ist ein riesiges Glasauge von Raimund Kummer. Es schiebt sich auf den Betrachter herab, so dass er sich in der blauen Pupille spiegeln kann. Das Glas wie das Auge werden stets mit der Wahrnehmung in Beziehung gebracht.

Die Schau im "museum kunst palast" enthält viele Gemälde, Stillleben und Genreszenen. Eine ganze Wand ist stark genug für ein einziges Bild, einen "Salvator mundi" vom Meister der Darmstädter Passion. Christus hält eine gläserne Weltkugel in der Hand, die mit Himmel und Wasser, Pflanzen und einer kleinen Stadt gefüllt ist. Das Leben wird auf diese Weise geborgen.

Mikrokosmos und Makrokosmos, Welt und Innenraum, kommen im Glas zusammen. Albert Aereboe malt 1927 einen Einsiedler mit einer Glaskugel, die ihm die Welt ersetzt. Durch die Tür dringt eine Seele und Muse, mit wehendem, transparentem Tuch. Aber der Außenraum ist verregnet und verhangen.

Glas fasziniert auch junge Künstler. Ann Veronica Janssens Wasserbehälter birgt eine Schicht Wasser und eine Schicht Äthanol. Beide Flüssigkeiten sind transparent, aber von unterschiedlicher Dichte. Der Pfiff ist ein Tropfen Öl, der zwischen beiden Flüssigkeiten wie eine Linse schwimmt.

Die faszinierende Bilderschau bietet eine ganze Suite von Werken Sebastian Stoskopffs, diesem herausragenden Glasmaler des 17.Jahrhunderts, der durch dünnwandige Trinkelche, knusprige Pastete und einen kapitalen Kalbskopf begeistert, der erstaunlich lebendig dem Betrachter entgegenblickt.

Tod und Leben gleiten in dieser Ausstellung ineinander. Caesar Boetius van Everdingen zeigt einen lieblichen Engel, aber er steht auf zwei Totenköpfen. Bei Guido Reni trinkt ein Jesuskind seinen eigenen blutroten Wein, als nehme es seinen Opfertod vorweg.

Damien Hirst steckt in Einweckgläser Überreste von chirurgischen Eingriffen. Rebecca Horn lässt einen eisernen Blitz gegen eine gläserne Urne pendeln. Bei Ulrike Möschel dringen scharfkantige Scherben aus einer schwarzen Tür. Felix Droese stellt ein Menetekel der zerbrochenen Schönheit in den Eingang zum Kunstpalast.

Bei Kris Vleeschouwer werden Gläser vom Trödelmarkt im Laufe der Ausstellung in Scherben untergehen. Schönheit und Glas sind Sinnbilder des Vergänglichen. Wie leicht können die Scheiben von Günther Thorn brechen, wenn der Magnetismus zwischen ihnen versagt.

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