Bonn entschädigt Flechtheim-Erben

Museum will Einigung trotz der unklaren Forschungslage.

Bonn. Seit mehr als 60 Jahren hängt das Gemälde „Leuchtturm mit rotierenden Strahlen“ des rheinischen Expressionisten Paul Adolf Seehaus (1891-1919) im Kunstmuseum Bonn. 1949 hatte das Museum das Werk auf einer Auktion in Stuttgart erworben. Vor drei Jahren meldeten sich Erben des legendären jüdischen Kunstsammlers Alfred Flechtheim (1878-1913) aus Düsseldorf. Ihm hatte das Leuchtturm-Bild von 1919 bis 1933 gehört. Sie wollten das Werk zurück.

Es begann ein Forschungskrimi, der nicht nur die Bonner beschäftigt. Auch vom Museum Ludwig in Köln, der Kunstsammlung NRW und dem Museum Kunstpalast in Düsseldorf sowie den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen fordern die Erben insgesamt 15 bis 20 Bilder zurück.

Der Fall des vor 75 Jahren im Londoner Exil gestorbenen Flechtheim gehört wohl zu den kompliziertesten Fragen der Restitution von NS-Raubkunst. Die zentrale Frage ist, ob der Stammsitz der Galerie in Düsseldorf mit der Übernahme durch Flechtheims Prokuristen Alex Vömel 1933 „arisiert“ wurde.

Dokumente wie Verträge, Werkverzeichnisse und Verkaufslisten wurden im Krieg aber vernichtet. Hinzu kommt, dass bei Flechtheim die Grenzen zwischen Privatbesitz und Galerieware fließend waren.

Als erstes Museum in Deutschland einigte sich das Kunstmuseum Bonn trotz der unklaren Lage mit den Erben über die Rückgabe des Bildes. Der Verein der Freunde des Museums soll rund 25 000 Euro — die Hälfte des Marktwertes — als Entschädigung an die Erben gezahlt haben, damit das Bild in Bonn bleiben kann. Das ist kein großer Betrag auf dem Kunstmarkt, aber der Symbolwert ist umso höher.

Denn kein Gutachten kam zu dem eindeutigen Schluss, dass das Bild „verfolgungsbedingt entzogen“ wurde. Dennoch hielt sich das Museum an die Prinzipien der Washingtoner Konferenz von 1998, die „faire Lösungen“ für die Rückgabe anstrebt. „Flechtheim war ein Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes“, betont das Museum.

In einer bewegenden Erklärung dankte der 66-jährige Großneffe Flechtheims, Michael Hulton, dem Museum am Donnerstag für die Einigung. Er hofft, „dass von Bonn ein Signal ausgeht“. Museumschef Stephan Berg sagte dagegen, dass die Einigung „kein Präjudiz“ für andere Museen sein könne.

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