Der Kölner Kunstpapst Kasper König geht

Kasper König hat aus dem Museum Ludwig ein Haus von Weltrang gemacht. Ende 2012 hört er auf.

Köln. Kasper König (68), Direktor des Museum Ludwig in Köln und mithin Herr über 774 Picassos, die größte Pop Art-Collection außerhalb Amerikas und eine der besten Sammlungen zur Kulturgeschichte der Fotografie, zeigt zum Ende seiner Ära seine letzte Schau in Köln. Dieser renommierte Ausstellungsmacher, vor zwei Jahren vom Guggenheim-Museum als Vorkämpfer der Moderne gepriesen, begibt sich jedoch nicht aufs Altenteil. „Ich werde weiter Ausstellungen machen, in Brüssel oder in Berlin, wo meine Frau lebt“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Der Lebenslauf dieses Organisationstalents begann als Rudolf Hans König 1943 im westfälischen Mettingen. Ein Kasper König wurde aus ihm, weil er seinen Ersatzdienst abbrach und bis nach London gesucht wurde.

Er erklärt die Wahl seines neuen Vornamens: „Einerseits war es die Faszination für Caspar David Friedrich, dessen kaltes romantisches, grandioses Werk ich als junger Mann nicht verstehen konnte. Aber ich schreibe Kasper mit K, wie Kasperletheater. Da spielt im Nachhinein auch ein bisschen der Schalk mit, denn Kasper und König sind in der Tiefenpsychologie sehr präsent.“

Dieser Kasper, der das Abitur nicht schaffte und sich daher selbst von der Schule abmeldete, kuratierte in Stockholm mit 23 und 25 Jahren die ersten Museumsschauen von Claes Oldenburg und Andy Warhol. Zuvor hatte er beim Galeristen Rudolf Zwirner ein Volontariat gemacht und erzählt: „Zwirner spielte gern den Autoritären, aber wenn er interessante Leute zum Essen einlud, durfte ich dabei sein. Ich erinnere mich an einen jüdischen Kunsthändler aus Bremen, Vertreter des Galeristen Kahnweiler. Ich war mäuschenstill, total fasziniert von seinen Erzählungen. Nach dem Gespräch habe ich mir alles Material ausgeliehen, was er erwähnt hat.“

König studierte in New York, wurde Assistenzprofessor in Halifax und arbeitete auf der Documenta 3 und 5 in Kassel. 1977 kehrte er zurück nach Deutschland, weil das Schulgeld für seine Kinder in Amerika zu hoch gewesen wäre. Im selben Jahr begründete er die legendären Skulptur-Projekte Münster. 1985 wurde er Professor in Düsseldorf, 1989 rief er in Frankfurt die zunächst provisorische Ausstellungshalle Portikus ins Leben. 1989 bis 2000 war er Rektor der Frankfurter Städelschule und kam 2000 nach Köln.

Sein Erfolg liegt im Netzwerk an Kontakten, aber auch in seiner unkonventionellen Art: „Ich bin Amateur, kein promovierter Kunsthistoriker. Ich wurde durch keine Museumskarriere sozialisiert. Ich betrachte das Museum auch aus der Perspektive des Besuchers.“ Seine erste Tat in Köln war „Das Museum unserer Wünsche“, 2001, wobei er einen Wettkampf unter Sponsoren wie Irene Ludwig auslöste und Spenden für 3,5 Millionen Euro einheimste.

Er pilgert in seine Lieblingsmuseen Prado und Louvre, doch ist stolz auf seinen eigenen „Laden“: „Ich kenne kein anderes Museum in Deutschland, was im Schatten des Weltbaus Dom liegt, einen eigenen Bahnsteig und sogar eine Bootsanlegestelle hat.“ Zu seinem Amtsantritt ließ er eine „Kunststraße“ durch sein Haus zur Altstadt legen und Übergänge zur Philharmonie schaffen. Sammlerin Irene Ludwig begrüßte ihn mit 774 Picassos als Geschenk.

„Vor dem Gesetz“ nennt er seine Abschiedsschau, frei nach Franz Kafkas Parabel von einem Landarbeiter, der vergeblich um Einlass in das Gesetz bittet. König wird existenziell. Er sagt: „Ich suche nach der Welt- und Lebenserfahrung, der Leiblichkeit, Endlichkeit und Unmittelbarkeit der menschlichen Skulptur.“

Erstmals bringt er die Nachkriegskunst ins Spiel: „Nehmen Sie Marino Marini. Zu sehen ist ein Reiter, der hinterrücks vom Pferd stürzt. Er ist festgehalten, wie die Beine einknicken. Aber das Stürzen bedeutet zugleich ein Aufrichten des Pferdes. Ein Aufrichten kurz vor dem Untergang.“

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