Erstes Bild aus Gurlitt-Sammlung versteigert

London/München (dpa) - Das erste Raubkunst-Bild aus der umstrittenen Sammlung von Cornelius Gurlitt ist in London versteigert worden.

Erstes Bild aus Gurlitt-Sammlung versteigert
Foto: dpa

Das Gemälde „Zwei Reiter am Strand“ von Max Liebermann kam am Mittwochabend für 1,9 Millionen Pfund (rund 2,6 Millionen Euro) bei Sotheby's unter den Hammer, wie das Auktionshaus mitteilte.

„Meine Familie und ich freuen uns über die Auktion des Gemäldes meines Großonkels“, sagte der New Yorker Anwalt David Toren laut Mitteilung des Auktionshauses. „Es hat mich zutiefst berührt, die Umstände, unter welchen das Gemälde gereist ist, nochmals zu erzählen und die Geschichte meiner Familie wieder aufzugreifen.“

Nach Angaben von Sotheby's hatte Toren das Bild zuletzt vor mehr als 75 Jahren im Haus seines Großonkels David Friedmann gesehen, bevor es von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und später von Gurlitts Vater Hildebrand gekauft wurde.

Erst im Mai dieses Jahres war das Bild, das von der Taskforce Schwabinger Kunstfund als Nazi-Raubkunst eingestuft wurde, zu seinen rechtmäßigen Besitzern zurückgekehrt. Unter anderem wegen des Todes von Gurlitt am 6. Mai 2014 hatte sich die Übergabe immer wieder verzögert.

Mindestens sechs Bieter stritten sich in der Londoner Auktion um das Bild, das zunächst auf höchstens 750 000 Euro geschätzt worden war. Der Chef des renommierten Münchner Kunstauktionshauses Ketterer, Robert Ketterer, ist überzeugt: „Es war die Geschichte des Bildes, die das Bild so teuer gemacht hat.“ Schließlich sei der Liebermann monatelang überall in den Medien zu sehen gewesen. „Aus meiner Sicht ist das Bild eines der bekanntesten Liebermann-Gemälde geworden“, sagte Ketterer. „Mehr mediale Aufmerksamkeit hatte vorher noch kein Liebermann.“

Ob noch mehr Bilder aus der Gurlitt-Sammlung den Weg in Auktionen finden, ist unklar. Bislang hat die zuständige Taskforce den Raubkunst-Verdacht bei einer Handvoll Werke bestätigt. Neben den „Zwei Reitern am Strand“ wurde bislang nur das Henri-Matisse-Gemälde „Sitzende Frau“ an die rechtmäßigen Besitzer restituiert. Was sie damit machen, ob sie es behalten oder auch verkaufen wollen, wurde bei der Übergabe nicht verraten.

Der überwiegende Teil der Sammlung, alles, was nicht Raubkunst ist, soll laut Gurlitts Testament an das Kunstmuseum Bern gehen. Gurlitts Cousine hat das Testament angefochten, inzwischen muss das Landgericht München in zweiter Instanz darüber entscheiden. Sollte das Museum die Sammlung irgendwann bekommen, soll es eine Wanderausstellung geben, bevor die Bilder in die Sammlung integriert werden.

Der spektakuläre Kunstfund in Gurlitts Schwabinger Wohnung war Ende 2013 öffentlich geworden und hatte eine hitzige Debatte über den Umgang mit Nazi-Raubkunst entfacht. Mehr als 1000 Werke wurden in seiner Wohnung gefunden, später tauchten Hunderte weitere in seinem verwahrlosten Haus in Salzburg auf. „Die Masse der Objekte in der Sammlung ist nicht der Rede Wert“, sagte Ketterer. „Aber die teuersten fünf Prozent der Sammlung sind durch die Geschichte sicher noch teurer geworden.“

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