Fotograf Walter Vogel: Er kam Pina Bausch ganz nah

Walter Vogel, Fotograf von Pina Bausch, Joseph Beuys und einfachen Leuten, erhält den Preis der Großen Düsseldorfer.

Düsseldorf. Der Fotograf Walter Vogel (79), der die junge Tänzerin Pina Bausch in den 60er Jahren mit einer solchen Sensibilität und Intimität aufnahm, wie es kein anderer vor oder nach ihm getan hat, wird auf der Großen Kunstausstellung NRW 2012 mit dem Kunstpreis der Künstler ausgezeichnet.

Dann hat er 60 Jahre lang mit der Kamera gearbeitet und sagt nun, die Ehrung komme genau richtig. Die Künstlerschaft des Landes ehrt ihn als „Meister seines Fachs“, wie es gestern Michael Kortländer als Sprecher der Großen Düsseldorfer nannte.

Walter Vogel ist ein Unangepasster, der sich nirgends einordnet. 1932 in Düsseldorf geboren, auf dem Gymnasium gescheitert, hat er seinen Lebensunterhalt als Maschinenschlosser und Ingenieur verdient, bevor er Berufsfotograf wurde und sich von dem berühmten Künstler und Lehrer Otto Steinert in die Mangel nehmen ließ. „Es war eine knochenharte Ausbildung. Ich war 31 Jahre alt und schon ein guter Fotograf, als ich bei ihm anfing.“

Er lernte Pina Bausch kennen und war nach eigenen Worten zwischen 1965 und 1967 mit ihr „intim befreundet“. Sie seien zusammen in den Urlaub gefahren. Pina habe „alles mitgemacht. Es hat keine Schwierigkeiten bei den Aufnahmen gegeben“.

Pina Bauschs Sohn und Erbe Salomon hat da einen strengeren Blick. Als es jetzt darum ging, die Fotos der leicht bekleideten oder dezent nackten Tänzerin auf Plakate zu drucken und im Düsseldorfer Straßenraum als Werbeträger für die Ausstellung vom 26. Februar bis 16. März zu nutzen, legte er sein Veto ein: Er wolle keine Aktbilder seiner Mutter auf der Straße sehen. Im Museum Kunstpalast sind die Fotos jedoch alle zu sehen.

Nach dem Examen an der Folkwang-Schule hatte Vogel, „keine Ahnung, wie man Geld verdient“. Seine „Sucht nach Fotos“ habe nichts mit Einnahmequellen zu tun gehabt. Er wurde Bildjournalist und bekam eines Tages den Anruf des Galeristen Alfred Schmela: „Komm mal vorbei, da tut sich was.“

Walter Vogel kam und fotografierte die berühmte Aktion, wie Joseph Beuys dem toten Hasen die Kunst erklärt. Später meinte Vogel, Beuys habe ihm zehn Aufnahmen für zwölf Mark abgekauft. Heute werden diese Bilder für sechsstellige Summen gehandelt.

Hin und wieder musste Vogel aber doch Geld verdienen. Er übernahm Aufträge, meist Werbung, die er heute als „zweite Wahl“ bezeichnet. Er arbeitete für Zeitschriften, doch das brachte ihm keine Erfüllung. Er wollte lieber mit der Kamera die Welt kennenlernen. Rückblickend meint er: „Ich bin unfähig, im Team zu arbeiten, wie es in der Werbung dringend notwendig ist. Ich bin am besten allein.“

Er konzentrierte sich auf Fotobücher — da tanze ihm niemand auf dem Kopf herum. Er ist frei, aber mittellos. Für ein Buch über die Wiener Staatsoper übernachtete er auf dem Campingplatz.

Und seine Kollegen aus Düsseldorf, Struth, Ruff und Gursky — die berühmten Struffkys? In seiner Isoliertheit hatte er sie lange gar nicht bemerkt. „Als ich aus Frankfurt nach Düsseldorf zurückkehrte, war ich erstaunt. Andreas Gursky hat neue Bilderwelten erfunden, das ist berauschend. Ich kann es nicht begreifen.“

Er selbst bleibe weiterhin bei der analogen Kamera, der Dunkelkammer und dem Bild in Schwarz-Weiß. Für 2014 plant er ein Buch über Genua, das er schon 1964 angefangen hat.

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