Julia Stoschek - Kunstsammlerin mit Glamour-Faktor

Düsseldorf (dpa) - Dass sie mit 35 Jahren eine Kunstsammlung in einem ehemaligen Bühnenbild-Fabrikgebäude in Düsseldorf besitzen würde, war in Julia Stoscheks Lebensweg nicht vorgezeichnet.

Die Urenkelin des Unternehmers Max Brose ist erstens nicht im Rheinland, sondern im fränkischen Coburg aufgewachsen. Zweitens hatte Stoschek, millionenschwere Gesellschafterin der Brose Fahrzeugteile GmbH, auch kaum Bezüge zur Kunst während ihres wohl eher trockenen BWL-Studiums.

„Ich bin in einem modernen Industriellen-Haushalt groß geworden“, sagt Stoschek der dpa. Aber Künstlerblut liegt irgendwie doch in ihrer Familie: Die Großmutter war Schauspielerin, der Großvater Generalmusikdirektor in Dresden und Coburg.

2007 eröffnete Stoschek ihre „Julia Stoschek Collection“ in der umgebauten Fabrik in Düsseldorf-Oberkassel. Mit mehr als 400 Arbeiten ist sie als Sammlerin vor allem zeitbasierter Videokunst und Installationen anerkannt. Von Bruce Nauman und Marina Abramovic bis zu Christoph Schlingensief, Pipilotti Rist und Björk vereint sie bekannte Namen in ihrem denkmalgeschützten Kunstspeicher, über dem sie in einem riesigen Dachgeschoss residiert.

Zur Kunst kommt der Glamour-Faktor. Die perfekt gestylte schlanke Frau mit den langen schwarzen Haaren, schwarzen Augenbrauen und mit schwarzem Kajal umrandeten Augen zieht die Blicke auf sich. Bis vor kurzem bildete sie mit dem weltbekannten Fotokünstler Andreas Gursky ein fotogenes Liebespaar.

Stoschek setzt nicht nur im Styling auf schwarz, sie hat auch einen Sinn für schwarzen Humor. Im Kölner Karneval spielte sie mit ihrem neuen Lebensgefährten, einem jungen Düsseldorfer Galeristen, eine Kult-Performance des Künstlers Peter Weibel von 1968 nach: Ihr neuer Freund Max Mayer ging als Schoßhund auf allen vieren an der Leine der Domina Stoschek.

Dabei arbeitet Stoschek höchst professionell im Kunstbetrieb. Bis vor kurzem gehörte sie der Ankaufkommission des Museum of Modern Art (MoMa) in New York an. Teile ihrer Sammlung wurden vergangenes Jahr in den Hamburger Deichtorhallen gezeigt - eine „Wahnsinnsehre“ sei das für sie gewesen, sagt Stoschek, die mit 27 Jahren in die Kunstszene eingestiegen ist.

2001 kam Stoschek nach Düsseldorf und eröffnete eine Galerie, die „so unerfolgreich war, dass sie geschlossen werden musste“. „Verkaufen kann ich gar nicht.“ Sie begann mit dem Aufbau einer eigenen Sammlung, auf Videokunst konzentriert. „Ich verdiene damit kein Geld.“ Auf die Frage in einem Interview der Modezeitschrift „Vogue“, dass sie durch die private Finanzierung ein „kontinuierliches Verlustgeschäft“ betreibe, antwortete sie: „Geld als Selbstzweck hat mich nie interessiert.“ Sie wolle „langfristig einen kulturellen Mehrwert schaffen“.

Aber warum hat sich Stoschek ausgerechnet auf die nur wenigen Eingeweihten bekannte Medienkunst verlegt? „Videos werden immer populärer“, meint sie. Zwar werde sich „ein normaler Mensch“ für Videos in seinem Wohnzimmer wohl keinen Beamer installieren. Videos werden auch nicht auf Kunstauktionen versteigert. Aber die Konkurrenz zwischen den großen Museen mache es gar nicht so einfach, gute Arbeiten zu bekommen.

In der Kunstszene fühlt sich Stoschek anerkannt. Düsseldorf sei eine „phantastische Kunststadt, in der das Bürgertum extrem mit der Kunst verwachsen ist“. Berlin, das so viele Künstler und Galeristen anzieht, kommt für sie überhaupt nicht infrage. „Ich glaube, dass man in Düsseldorf und im Rheinland mit einem anderen Respekt der Kunst begegnet“, sagt sie. „Ich will kein Laufpublikum, sondern Menschen, die sich für Kunst interessieren.“

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