Kunst: Manet in einem neuen Licht

All seine Meisterwerke: Das Museé d’Orsay präsentiert eine der großen Ausstellungen dieses Jahres.

Paris. Wer in die große Pariser Manet-Ausstellung geht, täte gut daran, alles zu vergessen, was er über den französischen Maler weiß. Ein ungewöhnlicher Ratschlag, vor allem, wenn er von dem Kurator der Mega-Schau kommt — eine der großen Ausstellungen dieses Jahres in Europa. 30 Jahre lang gab es keine große Ausstellung zu dem Maler in der französischen Hauptstadt. Nun will „Manet, der Erfinder der Moderne“ auch keine klassische Retrospektive sein, sondern soll Edouard Manet in ein neues Licht rücken — weg von dem herkömmlichen Bild des Malers als Vorreiter der Impressionisten.

„Der Besucher soll unvoreingenommen einem Künstler begegnen, der seine Zeit einzufangen wusste“, beugt Kurator Stéphane Guégan vor. Denn statt eines der bekannten Meeres- und Strandbilder, die Manet in Boulogne oder in Berck-sur-Mer gemalt hat, empfängt den Besucher das Gruppenbildnis „Hommage à Delacroix“ von Henri Fantin-Latour.

Damit gibt die Ausstellung den Ton vor. Sie will durch Gegenüberstellung von Künstlern wie Henri Fantin-Latour, Alphonse Legros und Thomas Couture die weniger bekannten Aspekte des Malers zeigen, der am 30. April 1883 mit 51 Jahren an den Folgen einer Beinamputation starb. Dazu gehört auch die Verbundenheit Manets mit der Romantik. „Manet war eher ein Spätromantiker als ein Wegbereiter des Impressionismus, auch wenn er Renoir und Monet beeinflusst hat“, sagt Guégan.

Manet griff traditionelle Themen der Romantik und bekannter Altmeister auf und transportierte sie in seine Zeit. Seine Porträts, Genremalereien, Stillleben und Landschaften erreichen dadurch eine einzigartige Kombination von Intimität, Poesie und moderner Schönheit. Diesem Ansatz ist ein ganzer Saal religiöser Darstellungen zu verdanken wie der „Tote Christus mit Engeln“ und der „Betende Mönch“ — Werke von beeindruckender Ausdruckskraft, bei denen Manet vor allem Schwarz effektvoll einsetzt.

Natürlich fehlen die bekannten Manet-Impressionen stimmungsvoller Strandbilder und Straßenszenen nicht, die die Figuren in vibrierendes Licht einhüllen. Doch stehen sie nicht im Zentrum der Ausstellung. Gezeigt wird ein Künstler, der sich bewusst von jeglicher Kategorisierung abgegrenzt hat, auch von der als Impressionist.

Der Maler des „Frühstück im Grünen“ und der „Olympia“ wurde vom offiziellen Kunstbetrieb geschmäht und von den jungen Zeitgenossen als Vaterfigur der jungen Avantgarde verehrt, was in der Ausstellung durchaus zum Ausdruck kommt.

Dem Museum ist zudem ein weiteres nicht weniger ambitioniertes Projekt gelungen: Von den rund 400 Werken, die Manet in seiner knapp 20-jährigen Schaffenszeit entworfen hat, konnte es mehr als 150 vereinen, darunter Meisterwerke wie der „Tote Torero“ und „Der Junge mit dem Schwert“.

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