Malerei von Lukas Cranach dem Älteren: Grazien mit listigem Blick

Eine grandiose Werkschau von Lucas Cranach dem Älteren präsentiert das Städel Museum in Frankfurt.

<strong>Frankfurt. Lucas Cranach der Ältere (1472-1533), Stadtkämmerer und Bürgermeister in Wittenberg, Hofmaler der sächsischen Kurfürsten, besaß das produktivste Maleratelier des 16.Jahrhunderts. Nun beweist eine herausragende Schau im Frankfurter Städel Museum, dass er auch zu den intelligentesten und humorvollsten Malern seiner Zeit gehörte. Hans Hollein, Generalintendant der Frankfurter Kunstmuseen, nennt ihn den Modernsten der Alten Meister.

Lucas Cranach war der Andy Warhol seiner Zeit

Cranach war der Warhol seiner Zeit, der dem Ansturm seiner Kunden, unter ihnen Kaiser, Könige und Bürgerliche, durch ein effektives System von Variationen und Versatzstücken begegnete. Er definierte die Rolle des Künstlers neu, war nicht das einsame Genie, sondern belieferte über seine Werkstatt die westliche Welt mit einer wahren Flut von Gemälden. Dieser Renaissance-Künstler gilt als Vorläufer heutiger Vervielfältigungs-Methoden, mit eigenem Verlag, eigener Buchdruckerei und eigenem Vertrieb. Er versah seine Handwerker mit Bild-Elementen, aber er war auch erfindungsreich genug, um neue Sujets, Situationen und Symbole zu erzeugen. Um 1500 war diese Methode des Variierens und Multiplizierens einmalig. Mit seiner Produktion wurde er zugleich zum Meinungsmacher der Gesellschaft.

Das "Ungleiche Paar" inspirierte Jörg Immendorff bis zuletzt

Viele seiner Motive tauchen im 20.Jahrhundert bei Künstlern wieder auf, die die Collage und das Zitat lieben. Die scherenschnittartigen Bäume finden sich in den Landschaften der Düsseldorfer Szene, die Ausblicke durch begrenzte Fenster im wolkigen Himmel der Surrealisten Max Ernst oder René Magritte. Doch zugleich entwickelte er neue Motive wie das "Ungleiche Paar", von dem sich der Düsseldorfer Maler Jörg Immendorff bis zuletzt inspirieren ließ. Die coole Grazie krault das schüttere Barthaar des senilen Alten. Die Magd richtet ihren Blick erwartungsvoll auf den jungen Helden, der scheinbar interesselos am Geldbeutel der alten Hexe vorbeischaut. Cranach erzeugte Stoff für viele Komödien.

1509 schuf er den ersten weiblichen Akt einer Venus jenseits der Alpen. Sinnliche Lust, antike Mythenrezeption und christliche Tugendlehre vereinigte dieser Maler-Unternehmer wie selbstverständlich. Ob Diana, Venus, Lucretia, die drei Grazien oder die Caritas, ob mit Schleier oder mit dem Honig schleckenden Amor, diese Kunst ist breit gefächert. Wer Cranach nur als Schrittmacher der Protestanten sieht, missachtet seinen Bilderreichtum.

Vita Lucas Cranach, Sohn eines Malers, wird 1472 in Kronach, Franken geboren. Um 1512 heiratet er die Gothaer Ratsherrentochter Barbara Brengbier. Um 1513 wird sein Sohn Hans geboren, der mit 24 Jahren stirbt. 1515 wird sein Sohn Lucas der Jüngere geboren, der die Werkstatt seit 1551 führt. Cranach stirbt 1553.

Hofmaler 1505 wird Cranach kursächsischer Hofmaler mit Werkstatt in Wittenberg. 1508 verleiht ihm Friedrich der Weise den Wappenbrief, das Schlangensignet. Nach der Schlacht bei Mühlberg verliert er 1550 die Hofmalerstellung.

Politik Von 1519 bis 1545 ist er Wittenberger Ratsherr, zeitweilig auch Bürgermeister.

Martin Luther Mit dem Reformator ist Cranach eng befreundet. Er gestaltet das öffentliche Image des Reformators in Druckgrafik und Porträts. 1522 erscheint Luthers Bibelübersetzung in Cranachs Verlag. 1525 ist er Trauzeuge bei Luthers Heirat.

Ausstellung Städel Museum, Schaumainkai63, Frankfurt am Main. Katalog, 400 S., 325 Abb., Herausg. Bodo Brinkmann, Hatje Cantz-Verlag, 34,90 Euro

Öffnungszeiten bis 17.2. 2008, di, fr - so 10 - 18, mi + do 10 - 21 Uhr

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