Als junger "Jörg" hielt er sich bei seiner Aktion am Düsseldorfer Rheinkai eine Baby-Maske vor das Gesicht. Ein Kind war für ihn ein unschuldiges Wesen jenseits gesellschaftlicher Zwänge. Seine letzten, von eigener Hand geschaffenen Blätter kreisen um die kleine Tochter Ida. Zwischen dem Baby-Motiv des 23-Jährigen und den Ida-Bildern des 60-Jährigen spannte sich sein schöpferisches Leben.

Eine undatierte Collage beschreibt ein Happening der 1960er Jahre im Hofgarten. Da mimt er die Ulknudel, hopst mit eingeknicktem Bein, die Flügel provisorisch am Rücken befestigt, und glossiert seine eigenen, hilflosen Anfänge.

Nach der "Wende" verlässt Immendorff zeitweilig die politische Bühne und widmet sich der Künstler-Existenz. Die Inszenierung von "The Rake’s Progress", 1994 zu den Salzburger Festspielen, ist typisch für sein neues Rollenspiel. Sein Rake ist sein Alter Ego, eine ironische, doppeldeutige Gestalt, die augenzwinkernd am eigenen Image malt. 1996 treibt er in "Peer Gynt Today" die Persönlichkeits-Spaltung noch weiter. Henrik ist Jörg, ist Peer, und alle drei sind Visionäre, räsonierend, kritisierend und den eigenen Lebensweg als Sinnbild nehmend.

Vita Jörg Immendorff (1945 bis 2007), Meisterschüler von Joseph Beuys, unterrichtete 13 Jahre an einer Hauptschule und war elf Jahre Malerei-Professor an der Kunstakademie Düsseldorf.

Ausstellung Die Zeichnungs-Retrospektive, kuratiert von Christoph Danelzik-Brüggemann, wird vom 1. 9. bis 18. 11. im Düsseldorfer museum kunst palast, Ehrenhof 4, gezeigt. Öffnungszeiten: di - so 11 - 18 Uhr

Katalog Er erscheint in zwei Monaten bei Walther König, Köln.