Eröffnung MuT: Bochumer Museum geht unter Tage

Alles dreht sich um Landschaft: Die Ausstellung setzt sich künstlerisch mit ihr auseinander, die Architektur geht schonend mit ihr um.

Nur der Eingangsbereich des Museumneubaus ist oberirdisch.

Nur der Eingangsbereich des Museumneubaus ist oberirdisch.

Foto: Marcel Kusch

Bochum. Wer sich in Bochum für besondere Architektur und Kunst interessiert, geht ab Samstag am besten unter die Erde. Im Park von Haus Weitmar eröffnet in 5,50 Meter Tiefe das Museum unter Tage (MuT) mit der Dauerausstellung „Weltsichten — Landschaft in der Kunst seit sechs Jahrhunderten“ und Wechselausstellungen. MuT vollendet das museale Ensemble „Situation Kunst“, das zu den Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum (RUB) gehört, auf eine private Initiative zurückgeht und seit 2005 von einer Stiftung geführt wird. In ihrem europaweit beachteten „Bochumer Modell“ vereint sie kulturelle Aktivitäten mit aktuellen geisteswissenschaftlichen Denkrichtungen.

Die Universität freut sich über ein besonders schönes Geschenk zu ihrem 50-jährigen Bestehen. Richard Hoppe-Sailer, Professor vom Kunstgeschichtlichen Institut, lobt das „geisteswissenschaftliche Labor, das praxisnahe Ausbildung und kunstgeschichtliche Forschung erlaubt“. Den Studenten werde mit „Weltsichten“ eine Lehrsammlung besonderer Güte zur Verfügung gestellt: „Mit dem Master-Studiengang für moderne und zeitgenössische Kunst ziehen wir Studenten aus ganz Deutschland an.“ Die Kuratorin der Stiftung, Maria Schulte, nennt Beispiele für das „Alleinstellungsmerkmal“: „Wir arbeiten eng mit dem kunstgeschichtlichen Institut zusammen. Studenten schreiben Katalogbeiträge, arbeiten am Museumskonzept mit oder bei der Hängung.“

Die Sammlung umfasst mehr als 350 Werke, die bislang vielfach an andere Museen ausgeliehen waren. Im neuen Museum erhalten sie mehr Raum. Auf insgesamt 1350 Quadratmetern Fläche erfährt der Besucher, wie Landschaft in den verschiedenen Epochen, vom 15. Jahrhundert bis heute, künstlerisch verarbeitet wurde. Ein Drittel der Fläche wird künftig Wechselausstellungen vorbehalten, die noch geplant werden.

Den Anfang bei der Landschaftskunst macht China, „wo schon im 8./9. Jahrhundert eine hohe Kunstfertigkeit herrschte“, weiß Schulte. Zirka 40 Gemälde stammen aus dem Goldenen Zeitalter der niederländischen Malerei. Weitere Schwerpunkte sind das 19. Jahrhundert, als auf idyllische und naturalistische Darstellungen erste Abstraktionen folgten. Im 20. Jahrhundert schlagen sich die Katastrophen in der Kunst nieder: Raumfüllende Video-Sound-Installationen und Fotografien — etwa die 2015 aufgenommenen Fotos von Soldaten in Syrien — drücken Einsamkeit und Entfremdung aus. Die Ausstellung beginnt chronologisch, um später thematische Akzente zu setzen. „Landschaft, das zeigt sich anhand der Weltsichten, ist ein universales Thema, das jeden Menschen betrifft“, erklären die Museumsmacher.

Diese Konzentration auf das Thema Landschaft entspricht dem Konzept des Museumsensembles, nach dem Kunst, Architektur und Natur in einen Dialog treten. Dafür wurde 2010 „Situation Kunst“ im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt durch einen Kubus in der Ruine von Haus Weitmar und nun durch das MuT erweitert. „Der Neubau ist unter Tage, weil er so den Park nicht beeinträchtigt und es gute Tradition im Ruhrgebiet ist“, erklärt die Vorstandsvorsitzende der Stiftung Kunst, Dr. Silke von Berswordt-Wallrabe und erinnert an das Kohle-Zeitalter, das einen hohen Landschaftsverbrauch für das Ruhrgebiet bedeutet hat. Nur Eingang (kleines Foto), Haustechnik und Notausgang sind oberirdisch untergebracht in drei Pavillons, die jeweils eine Gebäudeecke von MuT markieren. Dessen minimalistische wie hochwertige Architektur stellt sich bewusst in den Dienst der Kunstwerke.

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