Romantik trifft Moderne in Dresden

Dresden (dpa) - Besuch für den deutschen Maler der Romantik: In einer Dresdner Sonderausstellung sind erstmals die Meisterwerke von Caspar David Friedrich (1774-1840) gemeinsam mit denen seiner europäischen Künstlerkollegen des frühen 19. Jahrhunderts zu sehen.

Und nicht nur das: „Die Erschütterung der Sinne“ (16. März bis 14. Juli) der Galerie Neue Meister zeigt auch, wie deren Schaffen Künstler bis in die Gegenwart beeinflusst und inspiriert hat. „Wir zeigen damit exemplarisch die Entwicklung der Kunst von 1800 bis heute“, sagt Direktor Ulrich Bischoff, der die Schau gemeinsam mit dem belgischen Maler Luc Tuymans kuratiert.

„Friedrich, der Brite John Constable, der Franzose Eugène Delacroix und der Spanier Francisco de Goya, die sich nicht kannten, prägten die Kunst der Moderne und gestalteten die Epoche der Romantik in Europa wesentlich mit“, sagt Bischoff. Ihre Meisterwerke dienten bis zur Gegenwart als Quelle der Inspiration und Anschauung für nachfolgende Künstlergenerationen. „Kunstgeschichte wird interessant, wenn sie von bildenden Künstlern als Materie angesehen wird, aus der neue Dinge entstehen“, erklärt Bischoff.

„Constables malerisches Oeuvre spielt für Arbeiten von Adolph Menzel, Max Liebermann und David Claerbout eine wichtige Rolle“, sagt Bischoff. Paul Cézanne, Per Kirkeby und Luc Tuymans bezogen sich in ihren Werken auf Bilder von Delacroix und Vilhelm Hammershoi, Mark Rothko und Gerhard Richter auf Friedrich-Gemälde. „Goyas Arbeiten eröffnen eine Linie von Édouard Manet über Max Ernst bis zu den Leuchtkästen von Jeff Wall.“ In der jeweiligen Zusammenstellung der Meisterwerke soll das auch sichtbar werden.

„Künstler arbeiten immer auf der Basis des Vorhandenen“, sagt Bischoff und zitiert Cézanne: „Meine wichtigsten Lehrmeister sind die Natur und der Louvre.“ Damit habe dieser die Hauptvoraussetzung zur Entstehung neuer Kunst überhaupt skizziert. Der Franzose habe im Louvre erforscht, wie Delacroix die Farben übereinander setzte. Auch Kirkeby habe bekannt, dass er immer ins Museum gehe, um etwas zu klauen. „Die Wahrnehmung der inneren und äußeren Natur hinterlässt einen Eindruck, der zum künstlerischen Ausdruck werden kann.“

Die Ausstellung soll zeigen, dass das Museum eine Geburtsstätte für neue Kunst ist, wie Bischoff sagt. Dafür kommen bedeutende Leihgaben aus den großen Museen der Welt und Privatsammlungen; Kirkeby, Wall, Claerbout, Richter und Tuymans schufen neue Werke. 15 der insgesamt 70 Exponate steuern die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden bei, darunter eine der raren Goya-Zeichnungen auf Elfenbein.

Aus dem Prado in Madrid reisen „Die kleinen Riesen“ von Goya an die Elbe - der Entwurf für eine Schloss-Tapisserie. Zu den Leihgebern zählen auch der Louvre und das Museé d'Orsay in Paris, das Victoria and Albert Museum und die Tate Britain in London, das States Museum Kopenhagen, das Kunstmuseum Basel und die großen deutschen Museen in Berlin, München, Frankfurt am Main und Essen.

Nach Dresden kommen auch Kunstwerke, die sonst kaum ausgeliehen werden: eines der wichtigsten Selbstporträts von Delacroix aus dem Pariser Louvre, Goyas „Goldbrasse“ aus Houston, das „Sauerbruch“-Porträt von 1932 von Liebermann aus Hamburg, der „Kartenspieler“ von Cézanne aus Paris, Max Ernsts „Die schwankende Frau“, Jeff Walls „Young Man wet with Rain“ aus New York „und der schönste Hammershoi“ aus Kopenhagen.

Bischoff sieht die Schau auch als Vorschlag für die künftige Sammlungspolitik im Haus der Moderne. Mit dem Blick in die Zukunft geht er selbst Ende März in den Ruhestand. „Es ist meine Abschiedsausstellung.“

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