Sammlung Lauffs: Beuys darf nicht geteilt werden

Was der Beuys-Spezialist Johannes Stüttgen den Krefelder Sammlern Lauffs rät.

Herr Stüttgen, im Krefelder Kaiser Wilhelm Museum droht der Ausverkauf dessen, was das Institut berühmt gemacht hat: die Sammlung Lauffs mit ihren herrlichen Werken von Zero, von Pop, von Beuys. Die Kunstwerke sind Eigentum der Familie Lauffs. Dennoch: Darf die Familie die Installation "Barraque D’ Dull Odde" einfach abziehen?

Johannes Stüttgen: Ich hoffe, nein. Nirgendwo sonst hat Beuys die Plastik so klar in seinem Sinne definiert, in Chaos, Bewegung und Form.

Sie beziehen gern den Brunnen von 1952 mit den runden und fünfeckigen Platten in Ihre Interpretation mit ein. Was hat er denn mit den späteren Beuys-Arbeiten zu tun?

Stüttgen: Er steht für das kristalline Prinzip der Form. Und sein Schlauch bewegt sich durch den Raum und ist hinter dem Gitter abgelegt, wo "Barraque D’ Dull" anfängt. Würde man diesen Zusammenhang zerreißen, hätte man einen wesentlichen Aspekt der Arbeit zerstört.

Der Brunnen gehört doch sowieso der Stadt Krefeld?

Stüttgen: Das ist ja eben das klassische Beispiel, wie Beuys’ private und öffentliche Arbeiten miteinander kombiniert sind, über zwei Räume hinweg.

Der Schlauch am Brunnen symbolisiert für Sie die Bewegung?

Stüttgen: Ja natürlich. Er führt zur Ecke des Raums von "Barraque D’Dull Odde", und davor hat Beuys das Kaninchenzaungitter gebaut. Diese Absperrung ist fast selbst Teil der Arbeit, sonst hätte ja ein Seil genügt. Beuys demonstriert hier den Übergang zweier Felder, des Innenfelds der Plastik und des Außenfelds. Der ganze Raum ist abgedunkelt.

Und wenn man "Barraque D’Dull Odde" vorsichtig aus der Kammer herausschieben würde?

Stüttgen: Die Arbeit wäre zerstört, die könnte keiner mehr aufbauen. Es gibt einen weiteren Grund, warum sie in Krefeld bleiben muss, wegen des Gitterwerks. Das ist aus den gleichen Dachlatten, aus denen die Regale entstanden sind. Und dieser Schlauch ist das einzige, das diese Absperrung durchdringt.

Was hat es mit "Barraque D’Dull Odde" auf sich?

Stüttgen: Die Arbeit ist Endpunkt und Ausgangspunkt. Wer das Regal von außen sieht, steht zunächst vor einer völlig chaotischen Zusammenstellung. Chaos ist einerseits die Endstufe, und es ist der Ausgangspunkt der neuen Brunnen-Form. Hier sind noch sehr viele Zusammenhänge verborgen, die wir nicht kennen. Zum Beispiel sind die fünf Schatullen des Bergmann-Films "Das Schweigen" im Regal ein Hinweis auf das Unaussprechbare der Arbeit. Das verlassene Labor des Wissenschaftlers oder Künstlers ist ein Forschungsfeld, das noch nicht analysiert ist. Jede Position hat ihren Sinn. Die Arbeit ist ungemein geheimnisvoll.

Was raten Sie der Familie Lauffs?

Vita Johannes Stüttgen (62) studierte 1966 bis 1972 bei Beuys. Er gilt als dessen bester Interpret.

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