Subkultur im Bikini

Das NRW-Forum am Ehrenhof zeigt Skater-Girls, die sich mit Werbelogos tätowieren lassen.

Düsseldorf. Sie sind Kind-Frauen mit Zahnspangen, Piercing, Jungmädchenspeck und knappen Bikinis. Sie lachen leicht verkrampft in die Kamera. Manchmal richten sie ihren Körper möglichst vorteilhaft ins Bild, wie man das von Schnappschüssen auf Klassenfahrten kennt. Eines unterscheidet diese Teenies aus Südkalifornien, St.Petersburg, Moskau und neuerdings auch aus Hamburg vom Rest der Mädchenschar: Sie lassen sich von wilden Jungs mit Filzstiften Kritzeleien und im Auftrag von Sponsoren Marken-Logos auf die glatte Haut auftragen. Im NRW-Forum zeigt Deanna Templeton einen Überblick über die neue Variante der Jugendkultur, die "Body Logos".

Lehrer der 68er Jahre hätten eine solche Vereinnahmung des Körpers durch Werbung böse beschimpft. Heute, da jeder Schulleiter wissen muss, wie man die Klassenkasse mithilfe externer Geldgeber füllt, gibt es weniger Skrupel.

"Scratch my name on your arm", "Ritze meinen Namen auf deinen Arm", heißt die Schau im Ehrenhof. Sie zielt auf einen Song der Musikgruppe The Smiths, wo es heißt: "Erst wenn du mich zeichnest, bin ich dir richtig nah." Die Fotos der Deanna Templeton zeigen, wie die leicht bekleidete Jugend sogar Honda-Stempel und Namen von Agenturen auf Brust, Po und Bauch trägt.

Nicht zu sehen sind die kleinen Zelte am Rande der Gruppen-Treffen, in denen die Werber mit Schablone und Spraydose hantieren, um die naiven, jungen Mädchen zu bezeichnen, ohne sie dafür zu entlohnen. Wie tätowiert sehen die Girls anschließend aus, die Dekoration hält allerdings nur bis zum nächsten Duschbad.

Das Perfide an diesen ach so lustigen Fotos ist die Tatsache, dass sich der Nachwuchs für die Werbung entblößt, weil er keinen Unterschied mehr zwischen Comics, Cartoons oder scheinbar abstrakten Firmenzeichen kennt. Er macht sich freiwillig zur Zielgruppe der MP3-Player, Handy-Benutzer und Skateboard-Fahrer und findet es toll, dass er sich die Markenzeichen einverleiben darf. Von einer Reflexion darüber, dass er sich freiwillig zum Werbeträger degradiert, ist nichts zu spüren.

Deanna Templeton trifft die Skater und Surfer in den Bikinis und Badehosen am Rande von Sportfestivals. Den jeweiligen Standort erfährt die Fotografin von ihrem Mann Ed Templeton, unter Skateboard-Fahrern eine Legende. Er war 18 Jahre alt, als er die erste Weltmeisterschaft bei einem internationalen Wettkampf in Münster gewann. Es war nicht seine erste Medaille, und inzwischen produziert er zugleich die Bretter in der eigenen Firma. Als er seine Frau kennenlernte, war er 15, sie 18, und sie besuchten gemeinsam die Red Hot Chilli Peppers. Deanna war in der Punk-Rock-Szene von Los Angeles groß geworden, Ed bei den Skatern. Beide verdienen längst in der Subkultur ihr Geld, Eds Firma läuft bestens.

"Meine Frau skatet nicht. Sie hat es versucht, aber sie ist hingefallen", sagt Ed Templeton im Gespräch. Auch er ist nicht ganz heil geblieben, hat sich vor Jahren Nackenknochen gebrochen und musste im Stützkorsett auf seine Heilung warten. Inzwischen weiß er, was einen guten Skater auszeichnet: "Er muss kein Athlet sein oder im Fitness-Salon trimmen. Aber er sollte ein gutes Körpergefühl haben und den Körper kreativ beherrschen. Auf das Alter kommt es nicht an, aber junge Leute sind risikobereiter als ältere." Er verschweigt, dass sie eben auch eher der Werbung verfallen.

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