Tomás Saraceno: Schwebekunst als Hängepartie

Tomás Saracenos Netze sollten schon im September im K21 hängen. Doch vor 2013 wird das nichts.

Düsseldorf. Das Projekt fasziniert schon durch die schiere Idee. Der argentinische Installationskünstler Tomás Saraceno sollte im Düsseldorfer K21 Ständehaus unter der riesigen Glaskuppel über 3000 Quadratmeter drei Netze übereinander installieren, auf denen Besucher auch noch herumlaufen können.

Im September 2011 wollte Marion Ackermann (Archivfoto: Stefan Arend), künstlerische Direktorin der Kunstsammlung NRW, die Installation der Öffentlichkeit vorstellen — zeitgleich zu Saracenos Ausstellung im Hamburger Bahnhof in Berlin, man hatte sogar einen gemeinsamen Katalog vorbereitet. Doch die schwebende Kunst wird in Düsseldorf zur Hängepartie und führt aus dem Bereich der hehren Kunst direkt auf den Bau.

Ackermann hatte mit Komplikationen gerechnet: „Eine Arbeit wie diese hat es schließlich noch nie gegeben, die statischen Berechnungen können an nichts anknüpfen. Die Ingenieure mussten sich in Kletterparks, Tiergehegen, auf dem Münchner Olympiagelände umschauen, um überhaupt Anhaltspunkte zu bekommen.“

Aber es läuft „viel besser, als ich erwartet hatte. Die Ingenieure und andere haben sogar ohne Honorar gearbeitet, die Ämter haben euphorisiert mitgemacht“. Die Netze sollen aus Faden gewebt werden. Doch man findet kein Material, das die Anforderungen an Sicherheit und Brandschutz erfüllt: „Wir hätten ein ganz neues Material entwickeln müssen — das hätte den finanziellen Rahmen gesprengt.“

Also wird die Planung im Juli/August auf Draht umgestellt. „Dafür brauchten wir aber eine komplett neue Statik, weil Draht schwerer ist — und einen Preissprung bedeutet das auch.“ 4,5 Tonnen werden die filigranen Netze wiegen — diese Last können die Treppenhaustürme nicht tragen, die Netze werden gesonderte Stützen erhalten. Immerhin kommt finanzielle Hilfe: „Ein privater Sammler aus Skandinavien hat uns für das Projekt eine riesige Summe gegeben.“

Doch baufertig ist noch lange nichts. Auf die Ausschreibung für die Drahtnetze meldete sich genau eine Firma. Deren Vertreter habe versichert, die Firma bekäme Produktion und Installation der drei Netze zu den vereinbarten Kosten und innerhalb von drei Wochen hin. „Doch dann hieß es plötzlich: Wir brauchen drei Monate, und es wird 300 Prozent teurer.“ Konkrete Zahlen nennt die Museumsleiterin mit Blick auf die bis Ende Januar verlängerte Ausschreibung nicht. Aber kosten sollte das Projekt ursprünglich ungefähr so viel wie eine „mittelgroße Ausstellung“, etwa die „Auswertung der Flugdaten“ im vorigen Winter.

Für Ackermann ist klar: „Wir können uns auf keinen Fall leisten, das K21 für drei Monate zu einer Baustelle zu machen.“ Schließlich wird die Piazza im Erdgeschoss oft an Firmen vermietet, die Kunstsammlung kalkuliert mit den Einnahmen.

Trotz der Finanzlücke bleibt sie aber hoffnungsvoll: „Es gibt so viele in der Stadt, die diese Arbeit von Saraceno wollen. Vielleicht findet sich ja ein Kreis der Unterstützer, in den USA ist so etwas schon gang und gäbe. Möglicherweise möchte der Netzhersteller ja als Teilsponsor auftreten.“

Aufgeben möchte sie das Projekt mit Tomás Saraceno und seinen „betörend schönen Bildern im Raum“ nicht, auch wenn es wohl erst 2013 fertig wird. Das bringt jedoch ein neues Problem: „Saraceno entwickelt sein Projekt immer weiter und hat schon Anfragen aus dem Ausland. Es wäre sehr traurig, wenn wir ihn nicht zeigen könnten, nachdem wir die ganze Vorarbeit geleistet haben.“

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