Üppig und sinnlich: Fernando Botero wird 80

Buenos Aires/Bogotá (dpa) - „Ich habe nie eine dicke Frau gemalt“. Der kolumbianische Bildhauer und Maler Fernando Botero löste mit dieser Behauptung in einem öffentlichen Gespräch kürzlich in Bogotá Gelächter beim Publikum aus.

Botero, einer der bekanntesten bildenden Künstler Lateinamerikas, meinte es aber ernst. Seine weltbekannten rundlichen Figuren entstünden aus einer Verherrlichung der Sinnlichkeit und des Lebens, erklärte er einst.

„Ich gebe allem Volumen: einem Tier, einem Mann, einem Pferd, einer Landschaft, was es auch sei. Großzügigkeit und Üppigkeit stehen für mich in enger Verbindung mit der Sinnlichkeit.“ Für Botero, der an diesem Donnerstag (19. April) 80 Jahre alt wird, geht es darum, dem Betrachter Genuss zu verschaffen.

Seinen unverkennbaren Stil begann er 1956 in Mexiko zu entwickeln, als er in einem Stillleben eine Mandoline malte. „Als ich das Loch im Musikinstrument malte, sah ich, dass es sehr klein war und die Mandoline dadurch größer wirkte. Da sagte ich mir: hier ist etwas geschehen. Und ich begann hierüber nachzudenken“, erklärte er jüngst in Mexiko-Stadt bei der Eröffnung einer großen Retrospektive im Palacio de Bellas Artes. „Die Kunst, der Stil, sind das Ergebnis einer Reflexion“, sagte er im Gespräch in Bogotá. Im Atelier stehe ihm niemals jemand Modell, erzählt seine Tochter Lina. Botero malt aus der Erinnerung und dem Gedanken.

Der Künstler wurde 1932 in Medellín, der Hauptstadt der Provinz Antioquia, geboren. Der Vater starb früh und hinterließ der Familie nur wenig. Ein vom Stierkampf begeisterter Onkel schickte Fernando Botero mit 15 Jahren in die Torero-Schule. Doch anstatt mit den Stieren zu kämpfen, zeichnete der Junge sie. Er fand Arbeit als Illustrator der angesehenen Zeitung „El Colombiano“ und gewann einen Kunstpreis in Bogotá. Mit dem Geld reiste er nach Europa, wo er vor allem in Italien die Künstler der Renaissance studierte.

In Mexiko beschäftigte er sich mit den großen Wandgemälden von Diego Rivera und José Clemente Orozco. Auch die lateinamerikanische Tradition der indianischen Kirchenmalerei in ihrer Farbenpracht sowie das Werk von Pablo Picasso und Georges Braque hatten Einfluss auf Botero. „Die eigene Identität zu finden ist ein sehr delikates Problem“, sagt er. Er habe dafür zehn Jahre seit der Entdeckung der Mandoline gebraucht, auf der Suche nach einer stilistischen Kohärenz und Reife, die er in seinen New Yorker Jahren festigte.

Dort entdeckten ihn 1969 zwei deutsche Kunsthistoriker und Kuratoren, Dietrich Mahlow und Klaus Gallwitz, die den noch recht unbekannten Künstler nach Deutschland einluden und dort einige Ausstellungen mit seinen Werken organisierten. Ab da ging es bergauf mit seiner Karriere. Seine rund 3000 Bilder und 300 Skulpturen stehen in Museen und auf öffentlichen Plätzen in 60 Städten und erreichen Rekordpreise für einen lateinamerikanischen Künstler.

In den vergangenen Jahren hat Botero zu seinen scheinbar unpolitischen Werken auch die „Abu Ghraib-Serie“ über die Folterpraktiken der US-Soldaten im Irak und eine Serie über den bürgerkriegsähnlichen Konflikt in seinem Heimatland Kolumbien hinzugefügt. Er gibt sich zwar überzeugt, dass Kunst nichts ändere. Jedoch wolle er zumindest Zeugnis vom Horror des Krieges ablegen.

Botero lebt in New York, in Monaco, im norditalienischen Pietrasanta, wo er die besten Güsse für seine Skulpturen findet, und im Januar in Río Negro, in der Umgebung von Medellín. Dort sucht er mit seiner dritten Frau, der griechischen Künstlerin Sophia Vari, Zuflucht vor dem europäischen Winter.

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