Vorstudie zu verschollenem Grosz-Hauptwerk entdeckt

Düsseldorf. Eine wertvolle Vorstudie zu einem seit 1933 verschollenen Hauptwerk des sozialkritischen Malers George Grosz ist in Oberbayern gefunden worden. Das bisher unbekannte Aquarell enthalte wesentliche Elemente des 1918 entstandenen Gemäldes "Deutschland, ein Wintermärchen", sagte der Düsseldorfer Galerist Herbert Remmert am Freitag der Deutschen Presse-Agentur dpa.



Auf dem Bild sitzt in der Mitte der deutsche Spießbürger an einem Tisch, bewaffnet mit Messer und Gabel. Um ihn herum schwankt die Stadt aus Mietshäusern, Fabriken, Kasernen und Bordellen. Im Vordergrund stehen die "Stützen der Gesellschaft": Ein Pfarrer, ein General und ein reaktionärer Bildungsbürger. Der Wert des Aquarells liege im "oberen sechsstelligen Bereich", sagte Remmert.

Nach dem berühmten "Wintermärchen"-Gemälde von Grosz, das einst dem Verleger und Hitler-Gegner Wieland Herzfelde gehörte, suchen Forscher seit Jahrzehnten vergeblich.

Die Vorstudie zum "Wintermärchen" wurde im Nachlass des Anfang der 1950er Jahre gestorbenen Düsseldorfer Arztes und Galeristen Hans Koch gefunden, der ein Schwager des Malers Otto Dix war.

Vermutlich sei das Aquarell letztmalig in einer Ausstellung im März 1919 im "Graphischen Kabinett" in Düsseldorf ausgestellt worden. Besitzer des Hauses war Koch. In den seit Jahrzehnten nicht geöffneten Mappen der Enkelin Kochs in Oberbayern habe er im Juli das bedeutende Blatt von Grosz gefunden, berichtete Remmert.

Das war nicht die einzige Entdeckung: Auch Blätter von Ernst Ludwig Kirchner und Emil Nolde sowie ein bisher nur in der Literatur beschriebenes Dix-Aquarell von 1923 mit dem Titel "Nächtens" seien wieder aufgetaucht.

Der gebürtige Berliner Grosz (1893-1959) wurde vor allem für seine provokative Kritik an den Verhältnissen in der Weimarer Republik bekannt. Mit spitzer Feder nahm der Expressionist Typen und Typisches ins Visier. 1933 emigrierte er in die USA und kehrte 1959 nach Deutschland zurück, wo er nach einem Treppensturz starb.

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