Wuppertal zeigt Rubens als malenden Diplomaten

Wuppertal (dpa) - Ein Künstler, bei dem man zuerst an dicke Frauen denkt, hat ein Imageproblem. Jedenfalls wenn er nicht Lucian Freud heißt, sondern Peter Paul Rubens. Der flämische Barockmaler ist ein wenig aus der Zeit gefallen.

Eine Ausstellung in Wuppertal bemüht sich nun um einen neuen Zugang. Sie nähert sich ihm über seine Nebentätigkeiten: Während des Dreißigjährigen Krieges vermittelte Rubens in geheimer Mission in halb Europa. „Das ist wirklich eine spannende Geschichte“, sagt der Direktor des Von der Heydt-Museums, Gerhard Finckh.

Rubens wusste selbst, was Krieg und Vertreibung bedeuteten, denn er wurde 1577 in Siegen als Flüchtlingskind geboren. Aufgewachsen ist er in Köln, dort wo sich heute die Einkaufszone befindet. Später hat es das Schicksal dann sehr gut mit ihm gemeint: Rubens wurde schon zu Lebzeiten als „Maler-Gott“ verehrt und verdiente mehr als heute alle Damien Hirsts und Gerhard Richters zusammen.

In einem fort pendelte er zwischen Brüssel, Paris, London und Madrid hin und her, arbeitete ebenso für katholische Fürsten wie für deren protestantische Feinde. Dabei führte er zunehmend ein Doppelleben, denn aufgrund seiner politischen Kontakte auf beiden Seiten wuchs er in die Rolle eines Sondervermittlers hinein. Während ihm die Könige Modell saßen, lotete er mit dem Pinsel in der Hand die Möglichkeiten für eine politische Annäherung aus. Kunst und Politik waren für ihn zwei Seiten derselben Medaille: So malte er 1629 die Allegorie eines Friedens, den er zur selben Zeit mit aushandelte.

Leider fehlen in Wuppertal die bekanntesten politischen Gemälde von Rubens, weil diese Schlüsselwerke von Museen wie dem Louvre oder der National Gallery in London entweder nicht verliehen werden oder einfach zu groß sind. Das ist schade. Andererseits kann Finckh auf kleinformatige Vorstudien für einige dieser Werke zurückgreifen, und diese Skizzen besitzen durch den schnellen, ungeheuer sicheren Strich des Meisters einen besonderen Charme. Gerade hier kann jeder sehen, dass der Mann verdammt gut malen konnte.

Die etwa 50 in Wuppertal zusammengetragenen Rubens-Gemälde umfassen Hauptwerke wie „Christus am Kreuz“, „Die Beweinung Christi“ und „Dianas Heimkehr von der Jagd“. Rubens schuf die Bildfantasien seiner Zeit, seine Antwerpener Bilderfabrik mit zahlreichen Angestellten war berühmt für ihre Spezialeffekte. Solche Farben, solche Körper, so viel Action hatte man noch nie gesehen.

Alles was Rubens anfasste, gelang ihm - nur nicht die Friedensbemühungen für seine niederländische Heimat. Den Krieg zwischen dem protestantischen Norden und dem katholischen Süden - dem heutigen Belgien - konnte auch er nicht beenden. Seine Enttäuschung darüber spiegelt sich in einer Reihe regelrechter Antikriegsbilder, die in der Kunst des 17. Jahrhunderts beispiellos sind und noch Picassos „Guernica“-Gemälde beeinflussten.

Eine besonders eindringliche Ölskizze einer trauernden Frau inmitten von Toten wollte der Fürst von Liechtenstein aus Wut über den deutschen Aufkauf von Steuer-CDs zwar nicht nach Wuppertal ausleihen, doch dafür zeigt das Museum „Zwei gefangene Soldaten“ aus New Yorker Privatbesitz. Die Rücken an Rücken gefesselten Männer in gedämpften Gelb- und Brauntönen verkörpern die Ohnmacht der Kriegsopfer. Spätestens hier ist offensichtlich, dass Rubens auch im 21. Jahrhundert nichts von seiner Relevanz eingebüßt hat.

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