Martin Walsers neues Buch „Das dreizehnte Kapitel“

Der Autor ergötzt das Publikum der Kunstsammlung.

Düsseldorf. „Liebe macht uns begabt und sprachmächtig“, meint Martin Walser. „Der Rest ist Gymnastik. Das geht mich als Autor nichts an“, schmunzelte der Roman-Altmeister über sein jüngstes Werk „Das dreizehnte Kapitel“. Darin schreiben sich die evangelische Theologin Maja Schneilin und der Schriftsteller Basil Schlupp Briefe. Sie sind beide anderweitig glücklich verheiratet, nähern sich an und entfernen sich am Ende wieder.

Eine platonische Liebe? „Platonische Liebe kenne ich nicht, das ist Blödsinn“, konterte der 85-Jährige, der am Montagabend auf Einladung des Heines Hauses in der Düsseldorfer Kunstsammlung aus seinem Roman las, 70 pausenlose Minuten lang vor vollen Reihen.

Er umklammert das Podest, ein Blinzeln durch die Brille, sofort entführt Walser seine Zuhörer in die seltsame Welt des Autors Schlupp, der bei einem Empfang des Bundespräsidenten Maja Schneilin sieht und mit ihr alsbald in einen intensiven Schriftverkehr tritt. Man spürt, dass sich hier kein alternder Autor in Hirn-Erotik ergeht, sondern eine außergewöhnliche Liebesbeziehung durch reine Sprache spürbar macht. Sie wirkt frisch, plastisch, in keinem Satz betulich oder abgestanden. Wenn der Autor liest, beginnt der Film im Kopf.

Bewusst wählte Walser das protestantische Milieu. „Ich hatte ein Bedürfnis nach evangelischer Stimmung.“ Sein voriges Werk „Muttersohn“ (2011) siedelte er noch in katholischer Umgebung an. Walser: „In der Liebe ist bei Katholiken alles schön, Evangelische können dabei auch noch denken.“ Ob die beiden einen Liebesverrat begehen? Konkretes wollte Walser nicht sagen: „Jeder liest sein Buch und glaubt am Ende, er habe meines gelesen.“ Derzeit arbeitet der Vielschreiber an einem Buch über den Extrembergsteiger Reinhold Messner.

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