3:0 für Ex-Oasis Noel Gallagher

Live ist das Duell der ungleichen Oasis-Brüder eine klare Angelegenheit.

Köln. Hätte sich ein gewisser Liam G. aus Manchester Sonntagabend in einer Ecke des ausverkauften Palladiums unbemerkt versteckt, ihm wäre schnell der Spaß vergangen. Er hätte sich noch etwas tiefer in seinen Parka zurückgezogen und das Weite gesucht. Verlieren ist nicht seine Sache. Und eine gefühlte Niederlage hätte er live miterlebt.

4000 Fans feierten Noel. G. - ebenfalls aus Manchester - euphorisch. Ein Enthusiasmus, den einige Monate zuvor - ebenfalls in der Domstadt - Liam nicht erfahren durfte. Das Duell der Ex-Köpfe von Oasis - der Gallagher-Brüder - ist live eine klare Angelegenheit. Noel Gallagher's High Flying Circus siegt und das sehr, sehr eindrucksvoll.

Als Beady Eye ging Liam als erster - mit dem Rest von Oasis - wieder auf die Bühne und erntete durchaus wohlwollende Kritiken. Auch die Anhängerschar war freundlich. Am Schluss soll sich der "böse Bub" des Brit-Pops sogar ein Lächeln abgerungen haben. Noel strahlt an diesem Abend im Palladium häufig. Kein Wunde bei der Reaktion der Besucherschar.

Es ist ein "Jungs-Publikum", das mit dem ersten Riff gewillt ist, den Abend zu einem besonderen zu machen. Mit "Everybody's on the Run" vom Soloalbum eröffnet Gallagher die Show - und viele singen mit. Sechs weitere Solo-Songs folgen, bis das erste Oasis-Cover erklingt. Das Publikum ist schon längst hingerissen. Das neue Material kommt an, wird geliebt. Noel hat die besseren Songs. Keine Frage: 1:0 dafür.

Das 2:0 ist zu diesem Zeitpunkt schon überfällig: Gallagher ist kein Entertainer, aber auch nicht neurotisch zugeknöpft. Immer wieder tritt er in Dialog mit Fans. Auch wenn sein breites Manchester-Englisch kaum zu verstehen ist: Die Interaktion stimmt. Bei Liam findet sie nicht statt. Nur eine akustische Gitarre, dahin getupfte Keyboard-Töne: "Wonderwall" in einer unerhört schönen Version, die das schwitzende, klatschende, aufgeregte Volk vor der Bühne fast rasend macht.

Überhaupt: Die Oasis-Songs gewinnen durch veränderte Arrangements. Mehrstimmiger Gesang, scheppernde Gitarre, rüde Orgelteppiche - die Fans feiern bei "Half the World away" und "Supersonic" eine Brit-Pop-Messe. Liam verweigert sich (noch) dem Oasis-Material, Noel pflegt es - ganz klar das 3:0. 90 Minuten spielen Gallagher und seine vier Musiker. Sie sind rauh und ruppig, sie sind energisch und kurzweilig. Sie sind einfach gut. "Don't look back in Anger" beschert ganz am Schluss Gänsehaut pur. So ein schöner Abend!

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