30 Jahre „Ein bisschen Frieden“: Nicoles Triumph in Harrogate

30 Jahre ist es her, dass die damals 17-jährige Nicole mit dem Ralph-Siegel-Song „Ein bisschen Frieden“ den Grand Prix gewann. Bis ins Jahr 2010 blieb es der einzige deutsche Eurovisions-Sieg.

Harrogate/Berlin (dpa). Eine verträumte 17-Jährige mit langen blonden Haaren und schwarz-weißem Pünktchenkleid hält auf den übereinandergeschlagenen Beinen ihre Gitarre und singt von „Ein bisschen Frieden“. Genau 30 Jahre ist es am 24. April her, dass Nicole mit einem Lied von Ralph Siegel den ersten Grand-Prix-Sieg für Deutschland ersang.

Es war der 27. Eurovision Song Contest in der englischen Kurstadt Harrogate. Damals, als die junge Gymnasiastin aus dem Saarland siegte, schrieb man „bisschen“ noch „bißchen“, und der internationale Schlagerwettbewerb hieß noch „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ - und nicht Song Contest. 28 Jahre sollte es danach dauern, bis Deutschland wieder den ersten Platz belegte: im Jahr 2010 gewann Lena in Oslo mit dem Song „Satellite“.

Nicole gratulierte Lena vor zwei Jahren per Mitteilung und wünschte „viel Glück“ und auch „viel Kraft“ für die anstrengenden Wochen. „Endlich“ gebe es einen zweiten Sieg, er sei überfällig gewesen. „Und vielleicht ist ja nun der Bann gebrochen und es kommen noch einige dazu.“

Jetzt bekennt Nicole, dass der Song Contest ihr heute nicht mehr so gefalle - er sei ihr „zu sehr uniform“ geworden. „Mir fehlen die Persönlichkeiten. Irgendwie sehen alle für mich gleich aus, die da mitmachen. Vor allen Dingen die Frauen. Meistens blond, haben kurze Röcke und tiefe Dekolletés.“

In der Tat: 1982 ging der Grand Prix züchtiger über die Bühne. Und sonst? Politisch war es das Jahr, in dem die Friedensbewegung die westdeutsche Öffentlichkeit beschäftigte. Viele Aktivisten damals aber fanden Nicoles Friedenslied zu betulich. In der Bundesrepublik stand ein Regierungswechsel an: von sozial-liberal zu konservativ-liberal, von Kanzler Helmut Schmidt zu Helmut Kohl.

Die inzwischen 47-jährige Nicole ging in den vergangenen drei Jahrzehnten einen klaren Weg: Sie setzte auf eine Karriere im deutschen Schlager und schaffte es trotz Showgeschäfts, ein geregeltes Privatleben ohne Skandale zu führen. 1984 heiratete sie ihren Jugendfreund Winfried Seibert. Sie bekam zwei Töchter. Seit vergangenem Herbst ist sie stolze Oma der kleinen Mara.

„Ich hab' versucht, in den letzten 30 Jahren meinen Weg zu gehen, meinen eigenen musikalischen Weg zu gehen, immer nur die Songs zu machen, die ich für mich als richtig empfunden habe“, erzählt Nicole. „Auch die Texte, die für mich enorm wichtig sind, die nicht oberflächlich sind, sondern auch in die Tiefe gehen.“

Am 16. März ist ihr neues Album „Jetzt komm ich“ veröffentlicht worden. Der Titelsong ist eher ein Aufruf als ein Statement. „Ich spreche damit gezielt Leute an, die immer nur für andere da sind und schuften und tun, und selber dabei auf der Strecke bleiben, eigene Wünsche hinten anstellen und sich auch in ihrer Selbstlosigkeit ausnutzen lassen, ohne dass sie es merken. Spätestens nach diesem Lied werden die sich fragen, wer fragt denn nach mir?“

Erfüllung findet Nicole („Ich bin ja sowieso so ein bisschen mystisch angehaucht - schon immer gewesen“) bei Kirchenkonzerten, die sie seit etwa drei Jahren gibt. „Was da passiert zwischen Publikum und mir - Das hat eine eigene Magie.“

Magisch war für sie auch ihr Sieg vor 30 Jahren und ihr besonderer Gewinnersong: „Dieses Lied „Ein bisschen Frieden“ und ich - das ist einzigartig! So ein Lied passiert einem im Leben einmal.“ Ganz klares Nein deshalb auf die Frage, ob sie nochmal antreten würde. „Ich glaube, ich würde es auch nicht tun, wenn mir jemand prophezeien würde, dass das nochmal klappt.“

Das heutige Verfahren, den deutschen Teilnehmer für den „ESC“ per Castingshow zu suchen, gefällt Nicole nur im Ansatz: „Ich finde es prinzipiell gut, dass das Publikum entscheidet, wer geht, und nicht irgendeine Jury aus irgendwelchen Redakteuren, Musikredakteuren oder sonst irgendwas, weil die nicht immer nah am Volk sind.“

Allerdings sähe sie es lieber, wenn in nur einer einzigen Show unter den eingesandten Liedern ausgewählt würde. Dieses „Der fliegt raus und der fliegt raus und der fliegt raus“: Das behagt ihr nicht.

Zum Kandidaten 2012, dem deutschen „Star für Baku“ Roman Lob, kann und will Nicole nicht viel sagen. Sie fand bisher einfach zu wenig Zeit, sich mit ihm und seinem Lied zu beschäftigen. Doch eines weiß sie: „Aussehen tut er gut.“

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