Bayreuth: Gefeierter „Holländer“, ungeliebter „Tannhäuser“

Bayreuth (dpa) - Der „Fliegende Holländer“ hat für den ersten Glanzpunkt bei den Bayreuther Richard-Wagner-Festspielen gesorgt.

Bayreuth: Gefeierter „Holländer“, ungeliebter „Tannhäuser“
Foto: dpa

Nach einem auch in seinem letzten Jahr verschmähten „Tannhäuser“ in der Pannen-Inszenierung von Sebastian Baumgarten zur Eröffnung gab es am zweiten Festspiel-Tag am Samstag wahre Jubelstürme für die Interpretation von Regisseur Jan Philipp Gloger. Die galten allerdings vor allem dem Orchester mit dem Bayreuther Haus- und Hofdirigenten Christian Thielemann am Pult.

Doch auch wenn die Unterbrechung der Festspiel-Premiere am Freitag wegen einer technischen Panne einzigartig auf dem Grünen Hügel sein dürfte - richtig spannend wird es wohl erst von Sonntag an werden. Frank Castorf bringt im zweiten Jahr seine Interpretation von Wagners Mammutwerk „Der Ring des Nibelungen“ auf die Bühne. Den Anfang macht ein „Rheingold“, das in einem US-amerikanischen Motel angesiedelt ist. Das Öl, das in Castorfs Inszenierung das Gold als wichtigstem Rohstoff ablöst, zeigt sich dabei in den Zapfsäulen einer Tankstelle.

Castorf nutzte die Festspieleröffnung, die dieses Jahr mit auffallend wenig Prominenz auskommen musste, um nach seinem Rundumschlag gegen die Festspielleitung von Anfang der Woche noch einmal nachzulegen und seine Kritik am Umgang der Bayreuther Festspiele mit seinem „Ring des Nibelungen“ zu bekräftigen. Die Umbesetzung des ihm wichtigen Alberich-Sängers Martin Winkler nannte er „denunzierend und berufsschädigend“. Er verwahrte sich gegen jeden Versuch, Einfluss auf seine Inszenierung zu nehmen.

„Wenn sich das nochmal wiederholt, dann muss ich nicht hier sein. Es ist die Frage, was aus einer Inszenierung wird, die ohne Kapitän dahinschlingert.“ Das Bayreuther Publikum hatte Castorfs Arbeit im vergangenen Jahr gnadenlos ausgebuht.

Nun geht es Castorf (63) darum, was mit dem „Ring“ im kommenden Jahr geschieht. „Das wird man sehen. Ich drohe nicht, aber ich sage, was sich nicht gehört“, sagte der Regisseur der Nachrichtenagentur dpa. Eine einstweilige Verfügung sei für ihn nicht für alle Zeiten vom Tisch. „Mein Anwalt sagt zwar, den Prozess verlieren wir, aber die schönsten Prozesse sind doch die, die man verliert, die aber trotzdem wichtig sind und Aufmerksamkeit erregen.“ Außerdem warf er der Leitung mangelnde Transparenz und mangelndes Demokratieverständnis vor. „Ich habe mich schon in der DDR an diese Spielregeln nicht gehalten und werde es ganz sicher hier auch nicht tun.“

Festspielleiterin Katharina Wagner deutete derweil an, Castorfs „Ring“ könnte Besucher abgeschreckt haben. Im „Nordbayerischen Kurier“ antwortete Wagner auf die Frage, ob viele Besucher keinen dekonstruierten „Ring“ sehen wollten und deshalb lieber woandershin gefahren seien: „Das kann auch sein, das will ich nicht ausschließen.“

Auf Ebay wurden am Wochenende zahlreiche Tickets für den „Ring“, aber auch für den „Holländer“ und vereinzelt auch für den „Lohengrin“ von Hans Neuenfels angeboten. Eine Karte für den ungeliebten „Tannhäuser“ gab es am Sonntag - zumindest nach Angaben eines Bieters - sogar für weniger als 25 Euro.

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