Bayreuther Festspiele: Droht die Götterdämmerung?

München (dpa) - Bei Ebay gab es bezahlbare Tickets, beim „Tannhäuser“ eine historische Panne, die Bundeskanzlerin schwänzte die Eröffnung, erneut entbrannte eine Debatte um die Qualität der Sänger - und Regisseur Frank Castorf ließ kein gutes Haar an der Festspielleitung.

Bayreuther Festspiele: Droht die Götterdämmerung?
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Die 103. Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth, die an diesem Donnerstag mit der umstrittenen „Tannhäuser“-Inszenierung von Sebastian Baumgarten so enden, wie sie begonnen haben, machten auch ohne neue Opernproduktion auf dem Grünen Hügel viele Schlagzeilen - und erfreulich waren davon längst nicht alle.

Beobachter und Kritiker orakeln schon und sagen die Götterdämmerung auf dem Grünen Hügel voraus. „Wagner ist kein Selbstläufer mehr“, schreibt da schon die „Mittelbayerische Zeitung“. Und: „Die Festspiele drohen, den Nimbus der Exklusivität zu verlieren, der Heilige Gral der Wagnerianer verliert an Glanz.“ Noch deutlicher wird der frühere Heldentenor René Kollo im „SZ-Magazin“: „Ich glaube, es ist vorbei mit Bayreuth.“

Tatsächlich wurden schon deutlich mehr Promis auf dem Grünen Hügel gesehen als in diesem Jahr. Stammgäste blieben weg, auf Ebay wurden Tickets für beim Publikum ungeliebte Aufführungen wie den „Tannhäuser“ oder die Opern des Castorf-„Rings“ zu bezahlbaren Preisen angeboten, „Siegfried“-Tenor Lance Ryan wurde ausgebuht. Und nach Angaben der Bayreuth Marketing- und Tourismus GmbH Bayreuth waren in diesem Jahr die Bayreuther Hotels auch nicht ausgebucht.

„Wir haben einen leichten Rückgang an Übernachtungszahlen“, sagte Geschäftsführer Manuel Becher. Er schiebt das auch auf den Online-Verkauf und darauf, dass dadurch vor allem Einheimische Tickets bekommen hätten. Allerdings seien auch schon in den vergangenen Jahren einzelne Hotelzimmer zur Festspielzeit leer geblieben. Aber: „In dieser Form gab es das noch nicht.“

Zwar betont die Festspielleitung, dass die Nachfrage die Zahl der Tickets noch immer deutlich übersteige - doch das gilt wohl kaum für alle Inszenierungen gleichermaßen. Wagner deutete in einem Interview an, Castorfs „Ring“ könnte Besucher abgeschreckt haben. Im „Nordbayerischen Kurier“ antwortete sie auf die Frage, ob viele Besucher keinen dekonstruierten „Ring“ sehen wollten und deshalb lieber woandershin gefahren seien: „Das kann auch sein, das will ich nicht ausschließen.“

Und dieser umstrittene „Ring“ wird mit seinen vier Opern auch in den kommenden Jahren noch viel Platz einnehmen auf dem Bayreuther Spielplan. Als wirklicher Publikumsrenner hat sich derzeit nur der Ratten-„Lohengrin“ in der Inszenierung von Hans Neuenfels etabliert - gefolgt vom „Fliegenden Holländer“ von Regisseur Jan Philipp Gloger. Der gehasste Biogasanlagen-„Tannhäuser“ von Baumgarten hat an diesem Freitag seinen letzten Auftritt und fliegt im kommenden Jahr vom Spielplan.

Für ihn kommt eine mit Spannung erwartete Interpretation von „Tristan und Isolde“. Festspiel-Chefin Katharina Wagner, die das Opern-Spektakel im kommenden Jahr zum letzten Mal mit ihrer Halbschwester Eva Wagner-Pasquier und danach allein leiten wird, führt die Regie, am Pult steht der Bayreuther Haus- und Hofdirigent Christian Thielemann.

2016 folgt dann „Parsifal“ in einer Interpretation von Skandal-Künstler Jonathan Meese, ein Jahr darauf macht sich der Intendant der Komischen Oper Berlin, Barrie Kosky, an die „Meistersinger von Nürnberg“.

Mit Neo Rauch wird ein Star der deutschen Kunstszene im Jahr 2018 die Bühne für den neuen „Lohengrin“ unter der Regie von Alvis Hermanis entwerfen. In der Rolle der Elsa könnte dann Star-Sopranistin Anna Netrebko zu sehen sein. Die Festspiele bestätigten entsprechende Verhandlungen mit der Opern-Diva.

Als „Tannhäuser“-Regisseur für 2019 wurde Tobias Kratzer verpflichtet - und 2020 gibt es dann auch schon wieder einen neuen „Ring des Nibelungen“. Wer den auf die Bühne bringt, ist noch ein Rätsel.

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