Bayreuther Festspiele mit „Tannhäuser“ eröffnet

Bayreuth (dpa) - Mit der farbenprächtigen Neuinszenierung der Oper „Tannhäuser“ sind am Montag in Bayreuth die 100. Richard-Wagner- Festspiele eröffnet worden.

Das Publikum reagierte zunächst verhalten auf das Stück, doch vor dem 1. Akt zog bereits das traditionelle Schaulaufen der Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Showgeschäft Hunderte Schaulustige auf den „Grünen Hügel“. Über den roten Teppich flanierten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im pinkfarbenen Blazer, Außenminister Guido Westerwelle (FDP), EU-Gesundheitskommissar John Dalli und der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, durch das Königsportal in Richard Wagners Musentempel.

Auch zahlreiche Schauspieler gaben sich beim international renommiertesten deutschen Musiktheaterfestival ein Stelldichein. So wurden bei kühlem, aber trockenem Wetter unter anderem Veronica Ferres, Maria Furtwängler und die Sopranistin Eva Lind - alle drei im eleganten roten Abendkleid - sowie Michaela May (im feierlichen Silbergrau), Wayne Carpendale, Sebastian Koch, Erol Sander, Edgar Selge und Christian Wolff begrüßt. Stammgast Gloria Fürstin von Thurn und Taxis bevorzugte ein türkisfarbenes Abendkleid. Vermisst wurden Stammgast Thomas Gottschalk und seine Frau Thea.

Kurz vor Beginn der fünfeinhalbstündigen Aufführung stellten sich auch die beiden Festspielleiterinnen Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier mit ihrem besonderen Ehrengast, dem Deutschlandchef der Emirate Airlines, Gunnar Maier, den Dutzenden Fotografen und Kameraleuten vor dem Königsportal.

Katharina Wagner verkündete, dass der Intendant der Berliner Volksbühne, Frank Castorf, im Jubiläumsjahr 2013 den „Ring des Nibelungen“ in Bayreuth inszenieren soll. Sie stehe in Verhandlungen mit dem 60 Jahre alten Theatermacher. „Das ist aber noch keine definitive Zusage.“ Als Bühnenbildner ist der Serbe Aleksandar Denic im Gespräch. „Das Team für den neuen Ring muss noch gefunden werden, solange können wir noch nicht sagen, dass das Ding perfekt ist“, erklärte Wagner. Als Dirigent steht seit längerem der Russe Kirill Petrenko fest. Bayreuth feiert im Jahr 2013 den 200. Geburtstag und den 130. Todestag Richard Wagners.

Das Premierenpublikum nahm die Deutung des „Sängerkrieges auf der Wartburg“ von Regisseur Sebastian Baumgarten nach dem 1. Akt reserviert auf. Viele Gesichter spiegelten Ratlosigkeit. In seinem „Tannhäuser“ arbeitet Baumgarten (42) den Konflikt des Titelhelden zwischen der sinnlichen Welt der Venus und dem klar strukturierten System auf der Wartburg heraus.

Michael Nagy als Wolfram von Eschenbach gab ebenso sein Debüt am „Grünen Hügel“ wie eine dramatisch agierende Stephanie Friede als Venus, Günther Groissböck als Landgraf und Lothar Odinius als Walther von der Vogelweide. Unter der schwungvollen musikalischen Leitung von Thomas Hengelbrock - auch er zum ersten Mal bei den Bayreuther Festspielen engagiert - sang der Schwede Lars Cleveman die Titelrolle. Er ging die Partie zunächst verhalten an. Erst nach der Pause wurde der Auftritt von Camilla Nylund als Elisabeth erwartet.

Das Bühnenbild entwickelte Baumgarten gemeinsam mit Joep van Lieshout. Die Wartburg verortet das Regieteam in eine Biogasanlage, in einer Fabrikhalle mit einem riesigen knallroten „Alkoholator“ im Hintergrund. Tanks dienen der Erzeugung von Gas. Schubkarren werden hin- und hergefahren, Flaschenzüge bewegen ständig Gegenstände. Der Venusberg fährt mehrmals aus dem Boden heraus. Zudem platzierte Baumgarten erstmals 50 Zuschauer auf beiden Seiten der Bühne.

Bereits am Mittag feierte die 90-minütige Kurzfassung der Tetralogie „Der Ring des Nibelungen“ Premiere. Im Rahmen des Projekts „Wagner für Kinder“ ist es dem erst 28 Jahre alten Regisseur Maximilian von Mayenburg hervorragend gelungen, die langatmige Sage, die im Original mehr als 15 Stunden dauert, auf kurzweilige und spannende 90 Minuten zu verdichten.

Neben dem neuen „Tannhäuser“ stehen bis zum 28. August „Parsifal“ in der Regie von Stefan Herheim, „Tristan und Isolde“ in der Deutung von Christoph Marthaler, die letztjährige Neuinszenierung des „Lohengrin“ von Hans Neuenfels sowie letztmals „Die Meistersinger von Nürnberg“ in der Regie von Festspielleiterin Katharina Wagner auf dem Programm. Das Werk muss im kommenden Jahr der Neuinszenierung der Oper „Der fliegende Holländer“ durch Jan Philipp Gloger weichen. Als Dirigent wird Christian Thielemann nach einjähriger Pause auf den „Grünen Hügel“ zurückkehren.

Zum vierten Mal wird am 14. August eine Wagner-Oper live auf den Volksfestplatz übertragen. Nach einer Aufzeichnung der Kinderoper wird dort „Lohengrin“ auf einer 180 Quadratmeter großen Bildwand zu sehen sein. 86 Lautsprecher mit einer Gesamtleistung von mehr als 270 000 Watt sollen für einen musikalischen Hochgenuss sorgen. Im Sinne von Wagners Idee der Festspiele für alle sendet der deutsch-französische Kulturkanal Arte erstmals in Europa eine Wagner-Oper aus Bayreuth direkt im Fernsehen. Sowohl die Kinder-Oper als auch die Siemens Festspielnacht werden ausschließlich durch Sponsoren finanziert, betonte Katharina Wagner.

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