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Beifall oder Kokain - Psychogramm des gefallenen Stars

Berlin (dpa) - Borwin Bandelow hat die Todesnachricht aus Los Angeles erschrocken - aber nicht überrascht.

„Um Whitney Houston habe ich mir schon lange Sorgen gemacht“, sagt der Psychiatrie-Professor und Autor des Buches „Celebrities: Vom schwierigen Glück, berühmt zu sein“. „Bei Michael Jackson war es geradezu gruselig: Da habe ich einer Journalistin einen Monat vor seinem Tod gesagt, sie könne schon mal den Nachruf schreiben. Und bei Amy Winehouse habe ich drei Jahre vor ihrem Tod gesagt, dass sie mit 27 Jahren sterben wird.“ Für extrem gefährdet hält er nun Lindsay Lohan, die im vergangenen Jahr wegen Verletzung von Bewährungsauflagen nach Diebstahl und Drogenvergehen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war.

Für den Göttinger Wissenschaftler Bandelow reicht ein Wort, um all diese Fälle zu erklären: Borderline. Eine Persönlichkeitsstörung, die durch starke Stimmungsschwankungen gekennzeichnet ist. „Diese Störung geht einher mit Drogenabhängigkeit, partnerschaftlichen Problemen, aber auch einem gewissen Narzissmus - Ehrgeiz und Geltungsdrang“, erläutert Bandelow. „Diese Menschen sind auf einer verzweifelten Suche nach Aufmerksamkeit. Vermutlich werden sie mit einem Defekt im Wohlfühl-Hormonsystem geboren. Da fehlt ihnen etwas, und darum sind sie immer auf der Suche nach Kicks, und diese Kicks versuchen sie durch Aufmerksamkeit zu bekommen. Applaus ist Koks für die Seele.“

Vielen Borderlinern komme dabei zugute, dass sie über Fantasie und Kreativität verfügten. „Dazu gehört dann eben auch diese Gänsehautstimme.“ Und eben weil sie selbst von starken Gefühlen beherrscht würden, könnten sie diese auf der Bühne auch besonders gut ausdrücken. „Sie haben keine Scheu, sie schämen sich für nichts, sind geborene Performer.“ Bleibe der Erfolg irgendwann aus, folge fast zwangsläufig der Griff zu den Drogen: „Entweder man kriegt Applaus oder man nimmt Kokain.“

Dazu komme noch, dass Borderliner bei der Partnersuche oft von anderen Borderlinern angezogen würden. „In diesem Fall Bobby Brown, der ja auch Drogen genommen hat, der Whitney Houston ins Gesicht gespuckt hat. Aber er war eben der starke Mann, der sie fasziniert hat.“

Behandelt wird Borderline mit Medikamenten und Psychotherapie, doch nach Bandelows Erfahrung gelingt nur selten eine Heilung. „Die Patienten brechen die Therapie häufig ab: wegen Rückfällen oder weil ihnen die Fähigkeit zur Selbstkritik fehlt. Trotz Beweis des Gegenteils meinen sie dann, dass sie alles im Griff haben.“ Auch hier bilde Whitney Houston keine Ausnahme.

Peter Walschburger, Professor für Biopsychologie an der Freien Universität Berlin, bestätigt im Wesentlichen die Analyse von Bandelow, hebt jedoch einen weiteren Aspekt hervor: die Rolle der Medien, der globalen Bühne. Erst dadurch werde das Autonomiegefühl der Topstars ins Unermessliche gesteigert. „Auf dem Höhepunkt ihres Erfolges müssen sie ja durch die ungeheure mediale Aufmerksamkeit geradezu das Gefühl haben, dass für sie der alte Menschheitstraum wahrgeworden ist, die Welt völlig nach ihren Wünschen ausrichten zu können.“ Gerade Whitney Houston sei mit ihrem Publikum verschmolzen und dadurch in besonderer Weise von ihm abhängig geworden.

Natürlich gibt es auch den einen oder anderen Superstar, für den das alles nicht gilt. Bandelow nennt Paul McCartney. Walschburger fällt ein anderer Name ein - nicht aus dem Showbusiness: „Angela Merkel. Die ist für mich das beste Beispiel für einen Menschen mit einem wirklich gefestigten Selbstbewusstsein. Schwerste Rückschläge haben sie nicht aus der Bahn werfen können, aber auch der Erfolg steigt ihr nicht zu Kopf. Sie macht einfach ihr Ding.“

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