Castorfs „Rheingold“ - Lachen statt Protest

Bayreuth (dpa) - Viel geändert hat der Regisseur Frank Castorf eigentlich nicht an seinem „Rheingold“. Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“ beginnt bei ihm auch im Jahr zwei in einem grellbunten US-Motel mit einem im Pool versenkten Gold, lasziven Rheintöchtern und einem Wotan als Zuhälter.

Castorfs „Rheingold“ - Lachen statt Protest
Foto: dpa

Doch was im Premierenjahr 2013 noch gnadenlos ausgebuht wurde, wird in diesem Jahr eher milde für die zum Teil durchaus amüsanten Einfälle belächelt - von einigen deutlichen Unmutsbekundungen abgesehen. Tatsächlich wird für eine Wagner-Oper vergleichsweise viel gelacht an diesem Sonntagabend bei den Bayreuther Festspielen. Wenn Oleg Bryjak als Alberich eine unschuldige Gummiente erdrosselt oder seinen imposanten Bauch mit Senf einreibt zum Beispiel, wenn aus unerfindlichen Gründen eine Regenbogenflagge gehisst wird oder Erda als Puffmutter mit Pelzmantel das Motelzimmer betritt.

Ein wirkliches Konzept fehlt natürlich nach wie vor. Das vielbeschworene Öl, das Castorf eigentlich zum Kernthema seiner Version von Wagners „Ring des Nibelungen“ erhoben hat, findet in Form von Zapfsäulen statt, vor denen Loge (Norbert Ernst) immer wieder gefährlich mit einem Feuerzeug spielt, in Form eines abblätternden „Texaco“-Schriftzuges oder wenn es im Gesicht von Alberich (Bryjak) und Mime (Burkhard Ulrich) klebt. Ansonsten bleibt das begehrte Gold einfach Gold - zum Schluss ganz klassisch zum namensgebenden Ring geschmiedet.

Die Burg Walhall ist ein enges Motelzimmer, die Unterwelt von Nibelheim ein heruntergekommener Wohnwagen, Freia läuft als Pamela Anderson durch die Gegend und als Alberich den Ring verflucht und damit den Grundstein legt für alles, was noch kommen soll, sitzen Wotan und Loge gelangweilt im Liegestuhl.

Das Premierenpublikum, das vorher zum Großteil gewusst haben dürfte, was es bei Castorf zu erwarten hat, ließ sich von all dem erstaunlich wenig stören. „Einfach die Augen zumachen und hören“, sagt ein Zuschauer kurz bevor es losgeht. Augen zu und durch.

Es bestätigt sich, was zumindest beim Publikum schon im vergangenen Jahr als „Ring“-Bilanz stehen blieb: Aus dem Castorf-„Ring“ ist ein Petrenko-„Ring“ geworden. Der Russe Kirill Petrenko, der Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper, ist auf dem besten Weg, zum neuen Lieblings-Dirigent der Bayreuther zu werden, der Münchner und überhaupt. Das Festspielhaus tobt, als er sich nach seiner fulminanten Präsentation auf der Bühne zeigt.

Die Entscheidung der Festspielleitung, die Rolle des Alberich im zweiten Jahr der Inszenierung umzubesetzen, mag Regisseur Castorf gegen sie aufgebracht haben, in den Augen der Zuschauers schien sich der Schritt aber gelohnt zu haben. Bryjak, der in diesem Jahr Martin Winkler ablöste, wird für seine Performance mit Bravo-Rufen und begeistertem Applaus belohnt. Das gilt auch für Wolfgang Koch als Wotan, Norbert Ernst als Loge und Nadine Weissmann als Erda.

Castorf selbst, der im vergangenen Jahr für seine umstrittene Inszenierung gnadenlos ausgebuht wurde, zeigt sich nach dem ersten Teil von Richard Wagners Mammutwerk „Der Ring des Nibelungen“ allerdings noch nicht auf der Bühne. Er wird sich wohl - wie beim „Ring“ üblich und wie auch im vergangenen Jahr geschehen - erst nach Teil vier, der „Götterdämmerung“ dem Publikumsurteil stellen. 2013 harrte er eine provozierende Viertelstunde lang im Proteststurm aus. Das will er in diesem Jahr nicht noch einmal machen, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Zweimal ist doch langweilig.“

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