Comeback des Jahres: Kevin Rowland und Dexys

Berlin (dpa) - Er gehört zu den großen Gewinnern des Pop-Jahres 2012: Kevin Rowland, Frontmann von Dexys Midnight Runners, der 1982 mit „Come On Eileen“ einen Welthit landete und bald danach in der Versenkung verschwand, erlebte eines der erstaunlichsten Comebacks.

Mit der im Juni erschienenen, fantastischen Soul-Pop-Platte „One Day I'm Going To Soar“ (Buback/Indigo), dem ersten Studioalbum seit 27 Jahren, stehen Rowland und seine inzwischen zu Dexys abgekürzte Band an der Spitze vieler Kritiker-Jahresbestenlisten. Ihre vor Dramatik, Humor und Selbstironie nur so glühenden Konzerte waren in Großbritannien ein einziger Triumphzug. Damit wurde auch das gemeinsame Frühwerk wiederentdeckt und gewürdigt.

Quasi zur Feier dieses erfolgreichen Jahres heben Rowland und seine vielköpfige Truppe nun einen weiteren Schatz: Das Live-Album „Dexys Midnight Runners At The Royal Court Liverpool“ (Audio Visual/Cargo) erscheint als CD/DVD-Paket mit 12 beziehungsweise sogar 17 Songs eines denkwürdigen Auftritts von 2003, als von einer neuen Platte noch lange nicht die Rede war.

Vielmehr lieferte Rowland damals nach langer Irrfahrt mit Drogenabstürzen und Karriere-Fehlentscheidungen den Nachweis, dass er als Künstler noch ernstzunehmen ist. Der Sänger hatte Anfang der 80er Jahre die Speerspitze des britischen Pop gebildet und mit seiner Mixtur aus Soul, Folk, Pop und New Wave etliche Volltreffer gelandet - darunter besagten Welthit, dem man noch heute auf kaum einer guten Party entgeht.

In Liverpool zelebrierten Rowland und Dexys Midnight Runners (damals noch unter vollem Bandnamen) ihre besten Songs der ertragreichen 80er in wunderbar inspirierten, temperamentvollen, ausufernd-theatralischen Versionen. Der dünne weiße Brite Rowland ist im Herzen ein echter Soulmann, und als solcher sang er diese Lieder voller Inbrunst und Stilbewusstsein.

Man kann auf den Liverpooler Aufnahmen von 2003 die Liebe des Sängers zum Memphis-Soul eines Al Green oder O.V. Wright hören, die sich zuletzt mit „One Day...“ aufs Schönste Bahn brach. Als Ergänzung zum 2012er Album, einem der großen Pop-Meisterwerke, ist „At The Royal Court“ also nicht nur hochwillkommen, sondern essenziell. Zumal mit den Songs „My Life In England“ und „Manhood“ auch echte Raritäten sowie mit „Nightshift“ (The Commodores) eine ungewöhnliche Coverversion zu hören ist.

Von der Live-Version des frühen Hits „Geno“ - einer grandiosen Verneigung vor dem Soulsänger Geno Washington - zu aktuellen Dexys-Stücken wie „She's Got A Wiggle“ oder „Free“ war es nur noch ein kleiner Schritt - auch wenn dieser nochmal knapp ein Jahrzehnt auf sich warten lassen sollte. Bleibt nur zu hoffen, dass der knapp 60-jährige Kevin Rowland nach seinem tollen Comeback auf Kurs bleibt und und uns noch ein angemessen hervorragendes Alterswerk liefert.

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