Die Orsons: Zu viert für Frieden und Harmonien

Neben Cro sind sie die Hip-Hop-Hoffnung des Jahres: Die Orsons aus Stuttgart verehren die Beatles und lehnen die Intoleranz des Gangster-Raps ab. Ein Gespräch mit Kaas.

Kaas, wie viel Chaos und wie viel Ordnung stecken in den Orsons?

Kaas: Wenn alle vier zusammenkommen, ganz viel Chaos. Aber wir versuchen, in diesem Chaos immer Ordnung zu schaffen. Plan B und ich sind eher die intuitiven Typen. Tua und Maeckes sind viel intellektueller.

Das Album klingt, als hätte sich die Ordnung durchgesetzt.

Kaas: Ja, das kann man so sagen. Als wir mit unserem Album anfingen, standen die anderen unter Feuer, und ich war anfangs noch ziemlich lustlos. Wahrscheinlich hat sich deshalb die Ordnung am Ende mehr durchsetzen können.

Haben Sie es geschafft, wenigstens ein bisschen Chaos zu verbreiten?

Kaas: Es gelang mir tatsächlich, eine Chaosbombe in dieser Ordnung zu platzieren. Sie heißt „Zambo Kristall Merkaba“ und besteht nur aus Erstaufnahmen. Ich habe alle Fehler drin gelassen. Die Musik ist übersteuert, ich habe 60 Spuren in eine einzige Datei geschickt. Ich mag es, die Hörer zu verstören. Tua hasst so was, bei ihm muss alles clean sein.

In manchen Teilen der Deutsch-Rap-Szene gibt es eine Tendenz zur Homophobie.

Kaas: Wir sind eher der Gegenpol. Unsere Lieder stehen für Toleranz. Wir sind eine Rap-Band der Liebe. Auch, weil wir große Beatles-Fans sind. Das kam, weil wir vier uns mal aus Spaß als Beatles des Rap bezeichnet hatten. Eigentlich total absurd. Erst im Nachhinein fingen wir an, uns intensiv mit den Beatles zu beschäftigen. Und dann konnten wir uns mit deren „Love, Peace & Harmony“-Kram total identifizieren. Es war erstaunlicherweise genau das, was wir eh schon gemacht hatten.

Welches ist Ihr Lieblingsalbum von den Beatles?

Kaas: „Magical Mystery Tour“. Einer ihrer schönsten Songs ist „Strawberry Fields Forever“. Und noch was: „I Am The Walrus“ klingt für mich wie ein Orsons-Song aus der Feder meines Kollegen Plan B. Unsere Charaktere entsprechen irgendwie denen der Beatles: der Lustige, der Künstlerische, der Poppige, der Soundtüftler. Als Orsons versuchen wir, in der gleichen Energie zu schwingen wie die Beatles. Wir sind keine Hippies, aber wir wollen Teil einer Friedensbewegung sein.

Hat der Gangster-Rap ausgedient?

Kaas: Es ist eher so, dass man den Gangster-Rap gar nicht ablösen muss. Die Hip-Hop-Szene hat sich in zwei Lager gespalten. Wer zu Konzerten von Straßen-Rappern geht, kommt auf keinen Fall zu uns. Aber das Absurdeste, was ich jemals gehört habe, ist Nazi-Rap. Der ursprüngliche Hip-Hop Gedanke war ja, Gewalt zu verhindern und Toleranz zu verbreiten. Man hat nicht gegeneinander gekämpft, sondern kreativ gegeneinander gerappt und dann darüber gelacht.

Und dennoch erzählen Sie auf Ihrem Album die Geschichte eines ehemaligen Nazis namens Horst. Er heißt heute nach einer Geschlechtsumwandlung Monika und kandidierte als Frau für die Linken in Baden-Württemberg. Ist diese Geschichte tatsächlich wahr?

Kaas: Ja. Im Internet ist Maeckes auf diese spektakuläre Geschichte gestoßen. Er hat ein Faible für solche Songs. Schon auf unserem letzten Album hatten wir ein Lied über einen traurigen koreanischen Folksänger, Kim Kwang Seok. Er hat sich nach seinem 1000. Konzert umgebracht. „Horst und Monika“ ist auf gewisse Weise eine Fortführung. Es ist die perfekte Parabel darauf, wie die Menschheit sich entwickeln sollte: von intoleranten Dummköpfen hin zu weltoffenen und sanften Frauen.

Die echte Monika hat eine Unterlassungsklage angestrengt.

Kaas: Wir haben sie mit dem Lied überrumpelt. Anfangs war sie vor den Kopf gestoßen. Die „Bild“ hatte mal eine große Geschichte über sie, und sie fühlte sich falsch dargestellt. Der Hype, der damals um sie entstanden ist, hat sie sehr belastet. Und gerade, als die Wunden langsam verheilt waren, kamen wir mit unserem Lied. Die Unterlassungsklage hat sie mittlerweile zurückgezogen. Und neulich gab es ein wunderschönes gemeinsamen Treffen. Wir sind cool mit Moni. Und Moni mit uns.

2011 begleiteten Sie Herbert Grönemeyer auf dessen Tour. Kann der Großmeister des Deutschrock auch rappen?

Kaas: (lacht) Das hat er leider nicht unter Beweis gestellt. Ich bin mir aber sicher, dass er es kann. Dazu braucht man eigentlich nur das Bewusstsein, dass man als Rapper einfach ein Taktinstrument ist. Ein Sänger hingegen ist ein Melodieninstrument. Wer Taktgefühl besitzt und ein bisschen jammen kann, der kann auch rappen.

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