Hochtief soll Elbphilharmonie bis 2016 fertig bauen

Hamburg (dpa) - Die Macher des Miniaturwunderlandes, der größten Modelleisenbahn der Welt, haben es gut: Bei ihnen wird die Elbphilharmonie im Sommer 2013 eröffnet - vermutlich ohne Kostenexplosionen und ohne Bauverzögerungen.

So einfach haben es die Akteure der echten Elbphilharmonie nicht, auch wenn Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) bei der Grundsteinlegung im Miniaturwunderland behauptete: „Yes, we can!“ Jetzt soll das Jahrhundertbauwerk der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron noch mal 198 Millionen Euro mehr kosten, damit insgesamt 575 Millionen - und im Herbst 2016 fertig sein. Ursprünglich waren 77 Millionen Euro für die Stadt veranschlagt, die Eröffnung für 2010 geplant.

Misstrauen - das war wohl die wichtigste Vokabel im Verhältnis zwischen der Stadt Hamburg und dem Baukonzern Hochtief in der Vergangenheit. Seit Jahren streiten sich beide Parteien um Kostenexplosionen und Zeitverzögerungen beim Bau der Elbphilharmonie, wobei jeder dem anderen, beziehungsweise dem Dritten im Bunde, den Architekten, den Schwarzen Peter zuschob.

Einige Zeit hielt sich sogar vehement das Gerücht, auf der Baustelle arbeiteten mehr Anwälte als Bauarbeiter. Trotzdem will die Stadt nach mehr als einjährigem Baustillstand nun wieder Hochtief vertrauen und einen Neuanfang mit dem Baukonzern wagen. Ein riskantes Unterfangen, gab es doch schon öfters Vereinbarungen, die später nicht eingehalten wurden.

„Vertrauen ist im Verhandlungsprozess ausreichend gewachsen“ - das war wohl der entscheidende Satz von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Samstag nach der Sondersitzung des Senats im Hamburger Rathaus. Trotzdem sei es angesichts der immensen Kosten eine schwere Entscheidung gewesen.

„Ich habe mir die ganze Nacht das Gehirn zermartert, ob es nicht richtiger ist zu sagen: Rache ist Blutwurst, wir bauen und wenn das 700 Millionen kostet, und dann prozessieren wir bis 2025 und gucken, dass wir die kleinkriegen. Das wäre ja eine Alternative“, erklärte Scholz und fügte hinzu: „Aber niemand könnte verantwortlich sagen, die andere Entscheidung ist ohne dieses Risiko, dass wir teurer bauen, dass wir später fertig werden und dass wir einen Prozess führen, den wir in der letzten Instanz in den 20er Jahren zu Ende haben.“

Ende 2008 hatte die damalige Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) schon einmal einen Festpreis versprochen, und zwar in Höhe von 323 Millionen Euro. Jetzt sei die Lage aber ganz anders als vor vier Jahren, versichert Scholz. Hochtief übernehme sämtliche Risiken für den Bau. Sollte also etwas schiefgehen - und es kann noch eine Menge schiefgehen, der komplizierte Innenbau hat ja noch gar nicht begonnen - wäre die Stadt fein raus.

„Das bedeutet, dass die Risiken, die mit dem Bauwerk verbunden sind, komplett von unserem Vertragspartner übernommen werden und nicht mehr bei der Stadt sind“, meinte Scholz. Trotzdem warnte die Opposition bereits: Das Vertrauen auf einen Pauschalfestpreis habe sich schon einmal als Illusion erwiesen.

Ein Geburtsfehler des Prestigeprojekts konnte tatsächlich behoben werden: Hochtief will jetzt direkt mit den Architekten Herzog & de Meuron zusammenarbeiten, die Stadt ist außen vor und will nur noch beobachten. Bisher stand die Stadt immer zwischen beiden Parteien, die sich argwöhnisch belauerten und ihre Pläne nicht herausholten, weil sie fürchteten, die „Gegenseite“ könne diese später bei juristischen Auseinandersetzungen verwenden. Mit den Prozessen soll jetzt grundsätzlich Schluss sein. Stattdessen soll zügig weitergebaut werden, damit 2016 die Elbphilharmonie nicht nur als vollendetes Miniaturwunder in Hamburg steht.

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