Hugo Strasser wird 90 und swingt weiter

München (dpa) - Natürlich geht er weiter auf Tournee. Auch mit knapp 90 Jahren ist für „Swinglegende“ Hugo Strasser der Ruhestand kein Thema.

„Es gibt meiner Ansicht nach keine bessere Medizin als dieses Erfolgserlebnis: Sie gehen auf die Bühne, Sie werden herzlichst willkommen geheißen - es ist einfach ein wunderschönes Gefühl, seinen Beruf ausüben zu können, auch in diesem hohen Alter und mit der Gewissheit: Die Leute kommen nur deshalb, weil sie das hören wollen, was wir spielen“, sagt Strasser. Am 7. April wird er 90.

An den Tagen davor und danach tourt er mit den „Swinglegenden“ Max Greger und Paul Kuhn und der SWR Big Band durch Deutschland. „Wir sind fast überall ausverkauft“, sagt er. Am Geburtstag will Strasser aber zu Hause sein. Nicht, um zu feiern, sondern um am Telefon zu sitzen. „Ich werde versuchen, die vielen Anrufe, die sicher kommen, zu bewältigen.“ Auch der Briefkasten dürfte voll werden. „Ich kriege ein Unmenge an Post.“ An die 300 Briefe könnten es werden, jeden einzelnen wird er beantworten. „Das ist noch alte Schule.“

Strasser wurde 1922 in München-Schwabing als fünftes von sechs Kindern geboren. Der Vater wollte, dass er Geige lernt. Doch Strasser hatte seinen eigenen Kopf, begann eine Schriftsetzerlehre - und bekam dabei eine Bleivergiftung. 1937 begann er sein Studium an der Akademie für Tonkunst in München und konzentrierte sich auf die Klarinette. Die Ausbildung endete nach drei Jahren: Strasser wurde eingezogen.

Die Klarinette rettete ihm dann womöglich das Leben. Unter den Einberufenen war eine Handvoll Musiker. „Wir waren zu fünft, die instrumental zusammengepasst haben - und wir haben eine kleine Band gegründet.“ Die Gruppe fiel dem Hauptmann auf. „Er hat sich begeistert und gesagt: Diese fünf behalten wir.“ Die anderen zogen an die Front, die Musiker blieben in Stettin, als „Hilfsausbilder“.

Swing, die Musik von Strassers Idol Benny Goodmann, war amerikanisch und somit verboten. Aber: „Es gab eine ganze Menge von deutschen Schlagern. Wenn man das Gefühl für den Swing hat, swingen die auch“, sagt Strasser. „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“ oder „Küss mich, bitte, bitte küss mich“ - gegen solche urdeutschen Titel konnte niemand etwas einwenden.

1955 bildete Strasser seine erstes eigenes Tanzorchester. Mit seinen Platten erreichte er Millionenauflagen. Ausgezeichnet wurde er unter anderem mit zwei Goldenen Schallplatten, dem Deutschen Schallplattenpreis und dem Goldenen Tanzschuh - Tanzmusik begeisterte ihn von Anfang an am meisten. Mit 65 Jahren gründete er das edle Quintett Hot-Five, mit dem er bis heute unterwegs ist. Schon seit zwölf Jahren tourt er zudem mit Greger und Kuhn als „Swinglegende“.

Keine Zigaretten, kein Alkohol, dafür Wanderungen und Radfahren - das war Strassers Gesundheitsprogramm. Radeln hat er inzwischen aufgeben, wegen der Sturzgefahr; spazieren gehe er noch eine halbe Stunde. „Dann muss ich eigentlich aufhören und mich hinsetzen.“ Auf der Bühne hält er dagegen auch achtstündige Bälle durch. Zum 59. Mal spielte er dieses Jahr auf dem traditionellen Münchner Chrysanthemen-Ball - das 60. Mal im nächsten Jahr ist ein weiteres Ziel.

Die „Swinglegenden“ liegen voll im Trend. In München hat sich ein Freundeskreis „Alter Hugo“ gegründet - benannt nach dem Spruch, mit dem er sich gern von der Bühne verabschiedet: „Vielen Dank, es war fantastisch - seien Sie mir nicht bös: Der alte Hugo muss ins Bett.“ Der Swing fasziniere auch jüngere Menschen wieder, sagt Strasser. Insgesamt gehören aber doch zwei Drittel zur älteren Generation.

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