Irische Band Villagers vor dem großen Durchbruch

Berlin (dpa) - Neben dem Pop-Mutterland Großbritannien fristet die Musik der Nachbarinsel Irland ein Schattendasein - trotz einiger Mega-Acts wie U2, The Corrs oder The Cranberries.

Nun aber macht sich ein jungenhaft-schüchtern wirkender Mann mit dem schönen irischen Namen Conor J. O'Brien daran, von Dublin aus (mindestens) die Indie-Rock-Szene aufzumischen. Das neue Album seiner Band Villagers wird als erste Pop-Sensation 2013 bejubelt.

Die sensibel arrangierten, vertrackten und dabei hochmelodischen Folk-Rock-Songs von „Awayland“ (Domino) bestätigen das Wunderkind-Image, das sich O'Brien vor gut zwei Jahren mit dem Villagers-Debüt erwarb. Auf dem Songwriter-Album „Becoming A Jackal“ (2010) waren die Villagers (Dorfbewohner) noch ein Solo-Ding, bei dem O'Brien fast alle Instrumente selbst spielte und mit seiner zerbrechlichen, emotionalen Stimme düster-romantische Geschichten erzählte. Jetzt ist er fast 30 Jahre alt und damit für ein Wunderkind eigentlich zu alt. Seine zweite Villagers-Platte aber löst alle Erwartungen ein.

„Beim ersten Album habe ich mich noch an traditionellen Songschreibern orientiert, von Nina Simone bis Randy Newman. Und ich hatte damals von Anfang an eine große Idee, noch bevor ich die Songs schrieb“, sagt O'Brien im Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Diesmal hatte ich keine Ahnung, um was es mir eigentlich gehen sollte.“ Der klassische Fall einer Schreibblockade, die den Iren nach dem gefeierten Erstling (Platz eins der Album-Charts in der Heimat) zunächst ziemlich hemmte.

„Ich ging deshalb in einer ganz naiven, kindlichen Weise an die Songs heran, aus der Perspektive eines Menschen, der das Leben noch nicht kennt“, sagt O'Brien. Aufgeschlossenheit, Offenheit, Neugier - das übergreifende Thema von „Awayland“, und damit hat auch ein Berlin-Besuch des Songwriters zu tun. „Ja, ich habe mich ein paar Monate sehr für Techno-Musik begeistert, habe sogar selbst Techno gemacht - grauenhaft schlecht zwar, aber diese Experimente flossen in das neue Album ein, es war also kein totales Desaster.“

Elektronische Elemente, die an Rock-Grenzüberschreiter wie Radiohead oder Wilco erinnern, auch verschachtelte Grooves prägen nun Songs wie „The Waves“ oder „The Bell“. Daneben platzieren O'Brien und seine längst als Band zusammengewachsenen Villagers orchestrale Soul-Pop-Songs („Grateful Song“, „Rhythm Composer“), raffinierten Folk-Rock („Earthly Pleasure“, „Passing A Message“), anrührende Klavier-Balladen, den an Filmmusik orientierten Titelsong oder Springsteen-mäßige Hymnen („Nothing Arrived“). Mit einer solchen Vielfalt an Stimmungen und Klangfarben hat wohl selten ein Songschreiber seine Blockade gelöst.

„In den Liedern geht es mir weiterhin um die großen Themen, um Leben und Tod und all das dazwischen - aber etwas leichtfüßiger als auf dem Debüt. Die Songs sollen ein positives Gefühl vermitteln“, sagt der als genialisch beschriebene, aber sehr bodenständig wirkende O'Brien. Die abgründige Poesie seiner Texte hebt ihn ohnehin aus der Masse der Singer/Songwriter hervor. Nun klingt seine Musik auch noch irgendwie „cool“ und scheint damit ohne jede Anbiederei reif für den großen Durchbruch.

Als Live-Act sind die Villagers längst ebenfalls eine echte Macht, wie Konzerte mit Neil Young oder der US-Hipster-Band Grizzly Bear zuletzt bewiesen. Die neuen, dynamischen Lieder machen es O'Brien auf der Bühne leichter, weil er nicht mehr nur der junge Mann mit der Akustikgitarre sein muss: „Es dauert jetzt nicht mehr drei Minuten, bis unser Schlagzeuger endlich mal ran darf, und das Publikum muss auch nicht mehr ganz leise sein. Wir können mit den Songs jetzt mehr herumspielen.“

Im Januar - einem Monat mit wenigen Pop-Neuveröffentlichungen - mag es noch etwas früh sein, über die Jahresbestenliste 2013 zu spekulieren. Aber „Awayland“ von den Villagers - „Album des Monats“ im Fachblatt „Rolling Stone“ und auch sonst ausnahmslos in höchsten Tönen gelobt - dürfte in vielen Kritiker-Charts einen Platz finden.

Deutschland-Konzerte der Villagers im Februar/März: 23.2. Köln, 26.2. München, 27.2. Berlin, 4.3. Hamburg

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