Köpplingers Kitsch - „Rössl“-Premiere in München

München (dpa) - Jubel für den Neuen und seinen Kaiser: Der neue Intendant am Münchner Gärtnerplatztheater, Josef Köpplinger, hat seine Feuerprobe bestanden und mit seiner ersten Premiere sein Publikum begeistert.

Am Donnerstagabend brachte er im Deutschen Theater mit „Im weissen Rössl“ die Kitsch-Operette schlechthin auf die Bühne - und erntete damit tosenden Applaus. Den größten Jubel aber gab es für seinen Star, auch wenn der kaum mehr als eine Handvoll Sätze sprach: Der 81-jährige Oscar-Preisträger Maximilian Schell gab sich als Kaiser die Ehre.

Bis der aber überhaupt auf die Bühne kam, vergingen fast zwei Stunden, in denen Köpplinger alles rausholte, was er in dem Stück an Kitsch-Elementen finden konnte. Wenn Sigismund Sülzheimer (Michael von Au) und seine lispelnde Liebste Klärchen (Bettina Mönch) endlich zueinander finden, sind sie von tanzenden Amors in glitzernden Lederhosen umgeben. Am Schluss halten alle Darsteller kleine, rote Glitzer-Herzchen in die Höhe. Das Ganze geschieht vor einer Kulisse, die gar nicht erst versucht, etwas anderes zu sein, und ihre Künstlichkeit in jedem noch so kleinen Detail unterstreicht (Bühne: Rainer Sinell).

Der Österreicher Köpplinger suhlt sich geradezu im Brauchtum des schönen Salzkammerguts und gibt sich hemmungslos dem Kitsch am Wolfgangsee hin. Seine gnadenlose Übertreibung aber überschreitet nie den schmalen Grad zwischen netter Ironie und böser Satire - ein Kunststück, das nicht nur eine Lesart zulässt, dabei aber niemanden vor den Kopf stößt. Locker, leicht, selbstironisch und sehr sehr bunt.

Ein bisschen wie ein Fremdkörper im bunten Treiben wirkt Maximilian Schell als graue Eminenz. Aber da er ja schließlich auch den alten Kaiser Franz Joseph spielt und dem sogar wirklich ähnlich sieht, macht das nichts. Dem Publikum scheint ohnehin egal zu sein, dass es nicht die ganz tragende Rolle ist, die der Star übernommen hat. Der große Schauspieler, der mit Gustaf Gründgens Theatergeschichte schrieb und als Schauspieler und Regisseur mehrfach für den Oscar nominiert war, steht im Theaterzelt in München auf der Bühne - das reicht zum Jubeln. „Für mich ist das nicht Namedropping, für mich geht es um die Qualität“, hatte Köpplinger zuvor zwar betont. Von dieser Qualität kann Schell bei seinem kurzen Auftritt allerdings gar nicht so viel zeigen.

Ganz im Gegensatz zu seiner deutlich jüngeren Lebensgefährtin Iva Mihanovic als Ottilie, Tilmann Unger als Doktor Siedler oder Hans Teuscher als Wilhelm Giesecke. In den Schatten gestellt werden die Darsteller allerdings von „Rössl“-Wirtin Josepha Vogelhuber (Sigrid Hauser) und ihrem liebeskranken Kellner Leopold (Daniel Prohaska). Prohaska legte den stimmlich beeindruckendsten Auftritt des Abends hin - und wurde dafür sogar fast so sehr gefeiert wie der große Schell.

Das Gärtnerplatztheater kann in den kommenden Jahren wegen Renovierungsarbeiten nicht in seinem Stammhaus spielen und muss auf andere Spielstätten wie das Theaterzelt in der Nähe der Allianz-Arena ausweichen.

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