Mailänder Scala mal wieder vor Neuanfang

Mailand (dpa) - Ob Streiks, Millionenverluste oder vergeigte Inszenierungen mit wutschnaubenden „Loggionisti“ in den höheren Rängen - die Mailänder Scala ist immer für eine dramatische Note gut.

Mailänder Scala mal wieder vor Neuanfang
Foto: dpa

Das soll sich jetzt mal wieder ändern.

Der neue Intendant Alexander Pereira will mit einer Mammut-Spielzeit 2014/15, neuen Produktionen und großen Namen das finanziell gebeutelte Theater aufpeppen. Doch schon vor seinem offiziellen Antritt hat sich der Österreicher unbeliebt gemacht. Der 66-Jährige steht mit einem Fuß wieder auf der Straße.

Das Unbehagen wurde auch bei der Präsentation seiner ersten - und voraussichtlich einzigen - Saison an der Scala deutlich. Da musste Pereira um Worte ringen. „In den vergangenen Monaten gab es einige Verwicklungen“, sagte Pereira auf Italienisch. Pardon, Pereira habe „Verwirrungen“ gemeint, eilte ihm Mailands Bürgermeister Giuliano Pisapia sprachlich zur Hilfe. Plötzlich stand unausgesprochen das jüngste Zerwürfnis um die Scala im Raum.

Mit einem von ihm eingefädelten Deal hatte Pereira für böses Blut gesorgt. Weil im Operngeschäft lange im Voraus geplant wird, hatte der Manager vor seinem offiziellen Antritt im Oktober 2014 vier Produktionen aus seiner Zeit als Chef der Salzburger Festspiele für die Mailänder gesichert. Auch der bisherige Intendant, Stéphane Lissner, der jetzt nach Paris wechselt, hatte in Salzburg eingekauft. Doch bei Pereira reagierte die düpierte Scala-Stiftung. Wegen „nicht korrekten Verhaltens“ wurde seine Vertragslaufzeit mit einem wohl sehr italienischen Kompromiss verkürzt: Er darf bleiben, aber nur bis Ende 2015.

Bis dahin soll Pereira wie zuvor an der Oper in Zürich und danach in Salzburg sein Talent für die Sponsorensuche in den Dienst der Scala stellen. Zur Hilfe kommt ihm dabei die Weltausstellung Expo, zu der Mailand 2015 Millionen Touristen erwartet. Pereira will einen Teil von ihnen über das ganze Jahr auch an die Scala locken.

So sollen Gesangstars wie die Mezzosopranistin Elina Garanca auftreten, die in ihrer Paraderolle in „Carmen“ erstmals Oper in Mailand singt. Der Tenor Roberto Alagna, einst vom Scala-Publikum nach Patzern gnadenlos ausgebuht, soll nach Jahren wieder nach Mailand kommen.

Der neue Generalmusikdirektor Riccardo Chailly wird unter anderem „Turandot“ leiten mit der Dänin Nina Stemme in der Titelpartie und in der Regie von Nikolaus Lehnhoff. Diana Damrau tritt in „Lucia di Lammermoor“ auf. Geplant ist auch ein Orchesterfestival mit den Berliner Philharmonikern unter Simon Rattle und dem Orquesta Simón Bolívar aus Venezuela unter Gustavo Dudamel. Cecilia Bártoli soll zu einer Expo-Gala auftreten, auch José Carreras wurde engagiert.

Keine italienische Oper, sondern Beethovens „Fidelio“ steht zur Saisoneröffnung am 7. Dezember auf dem Programm. Es ist zugleich die letzte Produktion von Daniel Barenboim als Musikdirektor der Scala.

Die Saison ist allerdings noch nicht unter Dach und Fach. Allein die Öffnung im Sommer 2015 soll zusätzliche 1,5 Millionen Euro kosten. Pereira hofft auf Mittel von der Expo, dem Kulturministerium und der Stadt Mailand. Dazu will der Manager weitere vier Millionen bei Sponsoren locker machen.

Italienische Medien sind von den Plänen nicht amüsiert. „Das Gerüst der Saison ist miserabel“, schrieb der „Corriere della Sera“, die Eröffnung mit „Fidelio“ werfe einen Schatten auf die ganze Spielzeit. „La Stampa“ aus Turin urteilte: „Eine Scala im Expo-Format, viel Oper und wenig Risiken.“

Pereira bleibt optimistisch und schließt nicht aus, dass er über das Jahr 2015 hinaus in Mailand bleiben könnte. „Wenn alles gut geht - warum nicht?“, antwortete er auf eine entsprechende Frage.

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