Marianne Faithfull bereut nichts

London (dpa) - Als Marianne Faithfull vor 50 Jahren auf einer Party von Rolling-Stones-Manager Andrew Loog Oldham entdeckt wurde, wusste sie noch nicht, dass dies der Anfang einer großen Karriere sein würde.

Marianne Faithfull bereut nichts
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Die damals 17-Jährige hatte viele Träume, eine Legende der 60er Jahre zu werden war nicht darunter. „Ich wollte Opernsängerin und klassische Schauspielerin werden und vor allem Philosophie und Englisch studieren“, sagt die 67-Jährige der Nachrichtenagentur dpa.

„Als ich dann plötzlich berühmt wurde, sah es so aus, als sollte ich all diese Dinge nicht machen können. Doch auf eine gewisse Art und Weise habe ich diese Träume dann doch erfüllt.“ Sie lehrte Songtextschreiben an der Jack Kerouac School of Disembodied Poetics, sang klassisch in ihrer Aufnahme von Bertolt Brechts und Kurt Weills „Die Sieben Todsünden“ und brachte sich selber philosophische Texte näher. 2007 spielte sie die gefeierte Hauptrolle in dem Film „Irina Palm“.

Doch es gab Zeiten in Faithfulls Leben, die weniger glücklich verliefen. Auf einer Australienreise habe sie 1969 versucht, sich das Leben zu nehmen, sagte die Sängerin dem „Wall Street Journal“. Nach der Trennung von Mick Jagger lebte sie Anfang der 70er zwei Jahre in den Straßen von London als eine „drogenabhängige Magersüchtige“, wie der britische „Guardian“ berichtete.

An diese Zeit ist auch der Titel ihres neuen Albums („Give My Love To London“) angelehnt. „Ich sende meine Liebe nach London, aber auf eine sarkastische Art und Weise“, sagt Faithfull, die schon lange in Dublin und Paris lebt. „Ich habe wirklich die Nase voll von dieser Stadt. Die Presse und das Establishment waren damals einfach schrecklich zu mir und ich will nirgendwo leben, wo man mich nicht mag. Deswegen lebe ich in Frankreich und Irland - hier lieben sie mich. Ich habe nicht vor, nach London zurückzukehren.“

Mehr will Marianne Faithfull über ihre Zeit in der britischen Hauptstadt nicht sagen. Mit „Broken English“ machte sie 1979 ihrem Ärger Luft und schockierte die Welt. In Australien war der Song sogar verboten. Seitdem schweigt sie über die düsteren Teile ihrer Vergangenheit. Die seien hinreichend bekannt, so die Sängerin.

Und auch zu ihrer Beziehung zu den Rolling Stones, die ihr den ersten Hit verschafften, will sie sich nicht mehr äußern. Dafür verrät sie das für sie schlimmste Ereignis in 50 Jahren auf der Bühne: „1976 bei bei einem Konzert in Sligo, Irland, war ich sehr betrunken, als jemand aus der Masse - sie waren allesamt noch betrunkener als ich - ein Kotelett auf mich warf. Ich kann nicht gerade sagen, dass das einer der Höhepunkte meiner Karriere war. Seitdem trinke ich vor Auftritten keinen Alkohol mehr.“

Mit der „50th Anniversary Tour“ kommt Faithfull im Oktober und November für acht Auftritte nach Deutschland. „Give My Love To London“ ist ihr 20. Album. Es sei „bluesig bis rockig und zuweilen auch dunkel. Aber genau beschreiben lässt es sich nicht. Es ist einfach ein Original“, meint Faithfull.

Dass das Album zuweilen recht dunkel geraten ist, liegt nicht zuletzt an Nick Cave, der für Marianne Faithfull die düster-traurige Piano-Ballade „Late Victorian Holocaust“ geschrieben hat, in der die Tränen leicht durch einen Violinen-Schleier fallen. „Es ist wirklich einer der großartigsten Songs, der jemals geschrieben wurde“, sagte die Sängerin laut der Zeitung „The Star“.

Berührend auch das gemeinsam komponierte „Deep Water“. Roger Waters, Anna Calvi, Warren Ellis und Brian Eno haben ebenfalls ihre Spuren auf „Give My Love To London“ hinterlassen. Und die Coverversion von Leonard Cohens „Going Home“ mit brummeligen Männerchor passt perfekt ins Bild.

Das Album ist ein Original, und genau das ist Marianne Faithfull auch. Ihre Stimme ist die einer Frau, die die schönen und hässlichen Seiten des Lebens erlebt, aber die vor allem gelebt hat. So sagt sie selbst über sich: „Ich habe alles gemacht, was ich im Leben machen wollte, und bereue nichts.“

Tourdaten: 11.10.14 Stuttgart, Liederhalle, Hegelsaal - 17.10.14 Leipzig, Haus Auensee - 18.10.14 Hannover, Theater am Aegi - 20.10.14 Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle - 15.11.14 München, Circus Krone - 25.11.14 Berlin, Tempodrom - 26.11.14 Hamburg, Kampnagel

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