Mit eigenem Label zurück in der Spur

Mit ihrem achten Album erfüllen die Donots alle Erwartungen, die man an eine Band haben kann, die gern knackig auf den Putz haut.

Seine Wohnung wird Ingo Knollmann in den kommenden Wochen so gut wie nicht zu Gesicht bekommen. Erst sind die Promotermine für das neue Album dran, dann geht es direkt auf Tour. "Auf unserem Plan steht jede noch so winzige Kleinstadt, die wir in Deutschland finden konnten." Der Frontmann der Donots überlegt kurz, ob er nicht übertreibt. Dann lacht er. "Doch, eigentlich werden wir überall spielen. Auch die Festivals nehmen wir alle mit."

Dass er als Künstler die genaue Übersicht über die Termine hat, ist nicht selbstverständlich, in seinem Fall aber logisch. Seit dem letzten Album "Coma Chameleon" (2008) entstehen bei den Donots Musik, Tourplan und Marketingkonzepte in Eigenregie. Vorausgegangen war diesem Schritt in die Selbstständigkeit ein jahrelang schwelender Rechtsstreit mit ihrem alten Label Gun Records, einer Tochter von SonyBMG. "Wir fühlten uns dort schlecht repräsentiert", fasst Knollmann die damalige Situation zusammen. Vor allem nach dem großen Erfolg des punklastigen Albums "Pocketrock" (2001) gab es immer wieder Querelen: "Die hatten ganz andere Ideen, wo sie uns sehen. Rückblickend haben wir gemerkt, dass wir eigentlich nie die gleiche Sprache gesprochen haben."

Den Plattenbossen schwebte eine zweite Version der Guano Apes vor, einer Göttinger Nu-Metal-Band, die um die Jahrtausendwende einige ihrer Platten in den Charts platzieren konnte. "Das waren nicht wir, irgendwann ging das einfach nicht mehr." Knollmann und seine Bandkollegen baten 2004 um Vertragsauflösung, geendet hat die Auseinandersetzung vor Gericht. "Über anderthalb Jahre haben die uns am langen Arm verhungern lassen", erinnert sich der 33-Jährige. 2006 einigte man sich schließlich. "Als wir die Auflösungsvereinbarung unterschrieben hatten, haben wir noch mehr gefeiert als an dem Tag, an dem wir unseren ersten Plattenvertrag in der Tasche hatten."

Diese Zeiten, bevor sie am Angelhaken eines Großunternehmens hingen, wollten die Donots im Grunde auch zurückhaben: die Unruhe, das Improvisierte, die Unvollkommenheit, schlicht dieses Gefühl, etwas Neues zu machen. Wie damals, 1994, im Jugendzentrum "Scheune" in ihrer Heimat Ibbenbüren, für das Knollmann einige Jahre die Konzertbühne betreute.

Dass der Bruch mit ihrer Plattenfirma nicht das Aus auf dem Musikmarkt bedeutete, haben die Donots vor allem ihrem Erfolg in einem Land zu verdanken, von dem man immer wieder hört, dass deutsche Bands dort mehr Resonanz erzeugen als in der Heimat: Japan. Gleich mit zwei Alben standen sie dort 2003 von heute auf morgen in den Top 3 der Verkaufscharts. Für die Vermarktung gründete Knollmann ein eigenes Label, Solitary Man Records, verlegte für Japan nicht nur die eigenen Alben, sondern auch Musik von den Beatsteaks, Muff Potter und sogar den Weltstars von Placebo. "Die Struktur dieser Firma habe ich dann, als wir uns von SonyBMG gelöst hatten, nach Deutschland importiert." Sie konnten also, befreit von allen falschen Erwartungshaltungen, gleich wieder loslegen. Und landeten mit dem melancholischen Ohrwurm "Stop The Clocks" 2008 direkt einen Radiohit.

Für das neue Album "The Long Way Home" überlässt das Quintett nichts dem Zufall. Marketingpakete wurden geschnürt, beispielsweise zierte die erste Single "Calling" die Trailer zu Stefan Raabs "Wok WM". "Klar, da setzen wir uns als Selbstständige jetzt mit genau den Dingen auseinander, gegen die wir uns früher als Vertragsband hin und wieder auch wehren wollten", sagt Knollmann. "Das gehört dazu." Er lacht. Und schiebt nach: "Auch zum Erwachsenwerden."

So richtig erwachsen wollen die Donots allerdings noch nicht werden. Ist ja auch gar nicht nötig, solange sie weiter knackige Rock-Hymnen schreiben, die sich besonders gut in verrauchten Kellern von Jugendzentren oder Studentenkneipen machen. "Das Album ist ein bisschen wie ein Soundtrack für den Nachhauseweg nach einer ausgiebigen Party. Man ist fertig, aber zufrieden."

So wie die Donots, die nach einer langen Reise endlich dort angekommen sind, wo sie schon immer hin wollten. In der Unabhängigkeit.

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