Neil Young in Köln: Leidenschaftlich riesig

Neil Young und Crazy Horse gastierten am Freitag vor 13 000 Fans in der Kölnarena - ein brachiales und feinsinniges Konzert.

Köln. Zum Schluss findet der große Schweiger doch noch Worte. Die hätte es aber gar nicht mehr gebraucht. Den 13000 Fans in der nicht ausverkauften Kölnarena steht es nach mehr Musik, mehr Gitarre, mehr Neil Young und mehr von seiner kleinen Band: Crazy Horse.

Ein Konzert wie ein Donnerhall. Gut, dass ein Radiosender vor Beginn Ohrstöpsel verteilt hat. Denn die sind bei Neil Young 2013 absolut nötig. Auf seiner "Alchemy"-Tour zu seinem jüngsten Werk "Psychedelic Pill" liefern sich Young und sein Partner Frank "Poncho" Sampedro ellenlange, krachende ja beinah rüpelhafte Gitarrenduelle. Die Fans sind begeistert. Immer wieder brandet Szenenapplaus auf, juchzen Alt-68er vor Vergnügen.

Young-Auftritte haben auch immer etwas Skurriles. In Köln schon vor dem ersten Gitarren-Riff. Die Bühne mit stilisierten Boxen-Türmen ist längst gerichtet, als scheinbar dauerwuselige, grauhaarige Pseudo-Wissenschaftler in weißen Kitteln umherhuschen, diskutieren, sich ereifern. Dann geht das Licht aus. "A Day in the Life" von den Beatles erklingt als Intro.

Young, Sampedro, Bassist Billy Talbot und Drummer Ralph Molina schreiten in die Spots. Alle reihen sich auf - Bühnenarbeiter, Wissenschaftler und die Band. Young zieht den Hut - und die deutsche Nationalhymne ertönt. Schmunzeln, ungläubiges Staunen, einige Pfiffe - was will Young uns sagen?

Was dann folgt ist eine zweistündige Rock-Performance mit Probesession-Appeal. "Love an only Love" eröffnet den Reigen - erst in Wohlfühlstimmung, final von Gitarren geradezu zerschossen. Auch den Klassiker "Powderfinger" ist noch mehr eine Fingerübung für die sich anbahnenden Saiten-Stürme, die in "Walk like a Giant" gipfeln. Da wird Young zum Riesen. 19, 20 Minuten verstörende, atemberaubende, leidenschaftliche Minuten lang.

Immer wieder ziehen sich die Musiker wie in eine Art Wagenburg zurück, wippen und wiegen ihre Oberkörper, stampfen, zucken und bearbeiten ihre Instrumente, die grollend durch die Arena hallen und eine zerstörerische Kraft entwickeln. Sie dreschen in die Saiten, reißen, zerren mit brachialer Gewalt. Un schließlich verharrt alles in Stille.

Nach dem Sturm tost das Publikum, auch weil Young solo seine feinsinnige Ader zeigt: "Heart of Gold" - dieses Mundharmonika-Spiel! - und Dylans "Blowin' in the Wind" als Doppel - wer da keine Gänsehaut hat, fehlt's an Gefühl.

Dann nimmt das Spiel Fahrt und vor allem Lautstärke auf: Das "Cinnamon Girl" ist ein arges Biest. Und "Sedan Delivery" ist ein echter Rowdie - kantig, punkig und sehr, sehr schnell. "Hey, Hey, my, my, Rock'n'Roll will never die", skandiert Young - und die 13000 in der Arena tun's ihm nach. "Hope to see you again", sagt er noch. Gerne. Immer wieder.

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