Pop, Klassik, Avantgarde: Fünf Jahre Erased Tapes

Berlin (dpa) - Herzlichen Glückwunsch, Erased Tapes: Das ambitionierte Mini-Label ist gerade fünf Jahre alt geworden. Mit Künstlern wie Ólafur Arnalds, Peter Broderick, Nils Frahm oder The British Expeditionary Force erkundet es die Grenzbereiche von Pop, Postrock, Elektronik, Klassik und Avantgarde.

Zum Jubiläum schwankte Label-Gründer Robert Raths zwischen Pathos und Sarkasmus: Obwohl es „in dem am meisten von Verzweiflung und Niedergeschlagenheit durchtränkten Halb-Jahrzehnt aufwuchs, welches die Musikindustrie je gesehen hat, scheint das in London und Berlin ansässige Label unberührt und ebenso unbekümmert geblieben zu sein, was die schmuddeligen Demütigungen des Music 2.0 als auch des Vorstandsetagen-Harakiris von Major-Label-Multis angeht“, schrieb Raths.

Erased Tapes versteht sich als ein etwas anderes, ein etwas besseres Indie-Pop-Label, und das zu Recht. Ein „Schmelztiegel für innovative und einfallsreiche Musiker“ wollen Raths und seine Mitstreiter sein. Der Berliner Klavier-Virtuose Frahm, einer der anerkanntesten Musiker von Erased Tapes, sagt: „Ich könnte nicht glücklicher sein in dieser Familie. Und es ist eine Familie. Es gibt ein großes Gefühl von Freiheit auf diesem Label.“

Zum kleinen Jubiläum hat Erased Tapes einen Sampler mit elf Tracks der Label-Künstler herausgebracht: „Erased Tapes Collection IV“ führt die verschiedenen Strömungen zusammen - überwiegend instrumentale und sehr anspruchsvolle Musik jenseits üblicher Pop-Kategorien.

Auf der Kompilation taucht mit „Where You Go I Will Follow“ auch ein neuer Track von The British Expeditionary Force (The B.E.F.) auf, einem an Progressive Rock, Shoegaze, Kraut- und Postrock orientierten nordenglischen Trio. Dieser Song stammt vom Ende März erschienenen, sehr hörenswerten Album „Chapter Two: Konstellation Neu“. Wer Radiohead, Depeche Mode oder Porcupine Tree mag, sollte unbedingt reinhören.

Denn Justin Lockey, sein Bruder James Lockey und Sänger Aid Burrows alias The B.E.F. (nicht zu verwechseln mit dem Heaven-17-Nebenprojekt der frühen 80er Jahre namens British Electric Foundation/B.E.F.) überzeugen sowohl mit treibenden, Vocoder-verzerrten Electro-Rock-Songs („Cogs And Chemicals“) als auch mit sphärischen Synthie-Balladen (das an eine 2012er Version von Prefab Sprout erinnernde „Where You Go ...“ oder „Crack In The Clouds“). Im Gegensatz zu manchen eher soundorientierten Alben des Labels sind das hier echte Songs mit starken Melodien und prägnanten Grooves - ein beeindruckendes Aushängeschild für Erased Tapes.

In seinen Plänen für das Jubiläumsjahr hat Robert Raths bereits einige Absonderlichkeiten angedeutet: „Was wird 2012 bringen? Post-klassische Epen, aufgenommen in Kathedralen wie auch Schlafzimmern? Unermessliche, filmische Beschwörungen an die Folk-Erinnerungen des Mittleren Westens? Unklassifizierbarer japanischer Computer-Rock aus der Zukunft? Nordische Streichquartett-Vignetten? Atemberaubend intime, gedämpfte Klavier-Improvisationen von kindlicher Freude? Sicherlich. Und mehr...“

Man darf also gespannt sein auf den künftigen Output von Erased Tapes - und dem kleinen deutsch-englischen Spezialisten-Label für seine Zukunft alles Gute wünschen.

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