Rapper Muso: Die waghalsige Idee

Wer viel riskiert, kann alles gewinnen. Mit seinem neuen Album „Stracciatella Now“ überschreitet der Heidelberger Rapper Muso selbstbewusst die Genre-Grenzen.

Düsseldorf. Als Jugendlicher ein glühender Verehrer des Hip-Hop-Stars Eminem, begann Daniel Giovanni Musumeci alias Muso früh damit, eigene Texte zu schreiben und erste Songs aufzunehmen. Wie sein Idol verarbeitete auch das Scheidungskind Muso die Konflikte in der Familie in seinen Songs.

Sein erstes, sehr persönliches Album nahm er noch zu Schulzeiten auf und verkaufte es in seinem Heimatort Tiengen unweit der Grenze zur Schweiz auf der Straße. Der entscheidende Schritt folgte, als Musumeci für seinen Zivildienst nach Heidelberg zog. Dort fand er rasch Anschluss an eine kreative Szene junger Musiker, die sich über Genre-Grenzen hinweg vernetzten und gegenseitig unterstützen.

Eine inspirierende Umgebung, die Muso schnell zu schätzen lernte: „Heidelberg ist eine Wolke aus Zuckerwatte. Mannheim ist eine junge, kreative Stadt. Hier im Delta bin ich daheim“, kommentiert der Mittzwanziger jene Region, die für ihn in persönlicher wie künstlerischer Hinsicht fruchtbaren Nährboden darstellt.

In der Entwicklung des HipHop in Deutschland kommt Heidelberg eine wichtige Rolle zu. Hier waren ab den späten 80ern Rap-Pioniere wie Advanced Chemistry und die Stieber Twins aktiv, und bis heute finden HipHop-Konzerte großen Anklang. Vor allem die Brüder Chris und Martin Stieber faszinierten Muso bereits zu Dorf-Tagen; in Heidelberg sollte er sie persönlich kennenlernen. Mittlerweile ist Martin Stieber ein guter Freund und Nachbar von Musumeci.

In jenem Delta zwischen Mannheim und Heidelberg geht es „sehr familiär zu“. Die musikalische Szene reicht buchstäblich bis ins Wohnzimmer: Musos Mitbewohner Marc Übel ist Schlagzeuger der Synthie-Pop-Band Sizarr, deren Debüt „Psycho Boy Happy“ im vergangenen Jahr in der Fachpresse sehr positiv aufgenommen wurde.

Produziert hat das Album Markus „Pink“ Ganter, der gemeinsam mit Konstantin Gropper (Get Well Soon) auch für Musos Texte und Raps das passende musikalische Gewand entwickelte. Ungewöhnliche Wege wurden beschritten, so dass sich der Klang von Musos Album „Stracciatella Now“ auf beeindruckende Weise von gängigen Formaten abhebt, ohne auf klare Verweise in Richtung HipHop zu verzichten.

Muso beweist ein gesundes Maß Selbstironie, wenn er die Zusammenarbeit mit Gropper und Ganter als „Charity-Projekt zu seinen Gunsten“ und „waghalsige Idee“ bezeichnet. Letzteres vor allem deshalb, weil sich „Stracciatella Now“ musikalisch nur schwer greifen lässt.

Einordnungen wie Hip-Hop, Indie oder Pop fallen schwer, da sich die Musik aus live eingespielten Instrumenten, synthetischen Effekten, Samples und Musos ungewöhnlicher Rap-Technik zusammensetzt. Zusammen mit dem Pathos und den oft dunklen Bildern seiner Texte bringt dieser Spagat zwischen den Stilen ihm immer wieder Vergleiche mit Casper oder Marteria ein. Die Unterschiede werden jedoch schnell deutlich, wenn man sich auf die Komplexität von „Stracciatella Now“ einlässt.

„Jeder Song, jede aufgenommene Spur ist eine Momentaufnahme. In Stein gemeißelt und bestenfalls für die Ewigkeit“, beschreibt Muso den Entstehungsprozess der Lieder. Opulente Klänge und lyrische Nachdenklichkeit durchziehen alle zwölf Songs und verleihen dem Album eine geschlossene Grundstimmung.

Inspiration beschreibt Muso als Prozess, der aus dem Warten auf den Geistesblitz, gleichzeitig aber auch aus akribischer Recherche besteht. „Wenn ich wüsste, was mich inspiriert, würde ich es bunt anmalen und einen fröhlichen Song schreiben“, witzelt der Künstler. Seine Musik sieht er aber auch als Ventil für die inneren Dämonen. Im Kern eines mitunter pechschwarzen Schattenspiels erstrahlt daher stets ein helles Licht des Optimismus’.

So behält Muso den Kopf oben. Nicht nur in „Blinder Passagier“ versucht er, auf einen Ausweg hinzuweisen, wenn er fordert: „Raus aus dem Alltag /Raus aus der Großstadt. / Raus aus stillen Idyllen / Schalt’ den Autopilot ab!“

Ausgleich findet Muso neben der Musik bei der Beschäftigung mit seinem Hund Elmo, der auf dem Cover von „Stracciatella Now“ zu sehen ist. „Er ist ein liebes Tier, ab und zu etwas trotzig, dennoch hat er nie Böses im Sinn. Er hat einen guten Charakter“, gerät Muso ins Schwärmen. „Außerdem ist Elmo meine Muse und mein Sprachrohr — und irgendwie auch eine Art Sohn.“

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