Robin Gibb - mehr als Disco

Der Sänger der Bee Gees, einer der erfolgreichsten Popmusiker, ist mit 62 Jahren gestorben.

London. Seine hohe Stimme war das Markenzeichen einer Ära, doch privat kannte Robin Gibb auch die düsteren Töne. Karrieretiefs, Krankheiten und ein zwölftägiges Koma, Ego-Rangeleien und persönliche Verluste hat der Bee Gees-Sänger überstanden und mit sich selbst ausgemacht. Auf der Bühne jedoch feierte er als einer der erfolgreichsten Musiker der Popgeschichte mehr als ein Dutzend Nummer-1-Hits. Am Sonntag ist der 62-Jährige in London nach einem schweren Krebsleiden gestorben.

Der ohnehin zierliche Gibb war zwar dramatisch abgemagert, gab sich vor einigen Wochen aber noch optimistisch, feilte jeden Tag stundenlang an seinem ersten Klassikkonzert: Ein Requiem, das er mit seinem Sohn Robin-John (29) geschrieben hatte und das am 14. April zum 100. Jahrestag der Titanic-Katastrophe aufgeführt wurde. Da war er aber schon zu schwach, um zu gehen.

In Manchester begann die sagenhafte Karriere der drei Gibb-Brüder: Weil die Schallplatte fürs Kinder-Playback im Kino kaputt gegangen war, sang das Trio live — und wurde gefeiert. Ihr Talent für zuckersüßen Harmonie-Gesang gossen sie später erst in Songs im Beatles-Stil wie „New York Mining Disaster 1941“, ihren ersten Hit. Der weltweite Durchbruch gelang Robin, seinem Zwillingsbruder Maurice und dem drei Jahre älteren Barry nach einem Tipp von Eric Clapton: Sie sollten ihren dreistimmigen Falsettgesang mit Disco-Beats unterlegen.

Der Rest ist Musiklegende: In goldenen Satin-Overalls und unter flauschigen Föhnwellen kieksten sich die Bee Gees mit Gute-Laune-Hits nach oben in die Charts. 19 US-Nummer-1-Hits, 200 Millionen verkaufte Platten und der Film-Soundtrack zu „Saturday Night Fever“, dessen Absatzzahlen bis heute unerreicht sind — dies sind nur einige Superlative, die Robin Gibb feierte.

Mit ihrem „Helium-Sound“ standen sie für Gute-Laune-Hits. Selber zu tanzen war Gibb ein Gräuel, die Glitzer-Garderobe aber einerlei: „Die Klamotten schleppte ein Fotograf an, und plötzlich sahen wir aus wie Abba. Uns war egal, wie das ankam — wir waren nur an dem Song interessiert.“ So allürenfrei die Bee Gees trotz Ruhm und Reichtum blieben, so sehr verschlissen sich Robin und Barry im Konkurrenzkampf um die Rolle des Frontmanns, verließen die Gruppe immer wieder.

1988 starb ihr jüngster Bruder Andy mit nur 30 Jahren nach Drogenproblemen, 2003 starb Maurice wenige Tage nach einer Darm-Operation. Den Bandnamen gaben sie daraufhin auf. Erst 2009 fanden die verbliebenen zwei Gibbs wieder zusammen.

Barry war da selber gesundheitlich angeschlagen, Robin nach einer Affäre mit der Haushälterin erneut Vater geworden — die Grundmelodie klang nachdenklich: „Manchmal denke ich, dass die vielen persönlichen Verluste der Preis oder das schlechte Karma sind für all das Glück und den Erfolg, den wir genießen durften“, so der Veganer und Anti-Alkoholiker Robin. Ein Jahr später wurde sein Kampf gegen Darmkrebs öffentlich.

Vieles hatte er sich vorgenommen, noch im Krankenbett Projekte und Pläne in ein altes Notizbuch gekritzelt. Furcht, sich dem ungenehmen Thema Tod zu stellen, hatte Robin Gibb nie. In einem Interview gab er Lesern nach dem vorzeitigen Sterben seiner Brüder mit auf den Weg, bloß nichts aufzuschieben — falls das Leben kürzer als geplant verliefe. Für seine eigene Beerdigung wünschte er sich, dass Mozart und sein alter Hit „How deep is your love“ gespielt werden.

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