Stetiges Wachstum: Das dänische Musiklabel Echocord

Hamburg (dpa) - Die Globalisierung von Techno- und House-Musik und das mittlerweile kaum mehr überschaubare Angebot an neuen DJs, Produzenten, Tracks und Labels erschwert die erfolgreiche Suche nach guter und relevanter elektronischer Musik.

Stetiges Wachstum: Das dänische Musiklabel Echocord
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Bei der Orientierung hilft dabei sicherlich ein genauerer Blick auf die Musik-Macher, die schon vor dem Hype herausragende elektronische Musik verbreitet haben und dies auch danach tun werden. Dieses Porträt stellt das seit über einem Jahrzehnt aktive Label Echocord aus Dänemark vor.

Echocord-Gründer Kenneth Christiansen veröffentlichte in Kopenhagen im Juni 2002 mit der Katalognummer echocord01 die erste Vinyl-EP mit vier Tracks des Dänen Mikkel Metal. Knapp 13 Jahre später erscheint in diesem April mit der Katalognummer echocord64 Mikkels „Quest“-EP, auf der er seinen persönlichen Entwurf von Dub Techno unermüdlich weiterverfolgt.

Echocord ist eines der weltweit bekanntesten und renommiertesten aktiven Labels im Bereich Dub Techno, einem elektronische Musikstil, den Kenneth im Interview so beschreibt: „It is very sexy dance music. Ich mag die Tiefe, die Wärme, den Klang und die Kraft von Dub Techno. Man kann es im Auto oder zu Hause hören und wenn man es in einem Club auf einer wirklich guten Anlage hört, ist es sehr mächtig.“ Und aus der Sicht eines DJs fügt er hinzu: „Man kann Dub Techno immer mit anderen Techno- und House-Tracks mixen, es schafft eine perfekte Verbindung.“

Kenneth kann die Wirkung seiner Veröffentlichungen auf der Tanzfläche tatsächlich aus erster Hand beurteilen. Neben seiner Label-Arbeit ist er auch als DJ und Betreiber des Clubs Culture Box in Kopenhagen aktiv. Bereits als Teenager und junger Mann drehte sich für Kenneth alles um Musik und er verbrachte einen großen Teil seiner Zeit in Plattenläden - auf beiden Seiten des Verkaufstresens. Die Demos seines Freundes Mikkel Metal überzeugten Kenneth dann, das Label zu gründen: „Auf einmal hatte ich diese Dub Techno Demos und ich spürte es war an der Zeit, etwas zu tun. Damals hatte ich auch schon eine Menge guter Kontakte, zum Beispiel zum Kompakt Label, und dann ging es einfach los.“

Mit der ersten Labelveröffentlichung „Lokuran“ wurden die Möglichkeiten von Dub Techno auf die von Mikkel Metal typische Art ausgelotet. Auch brachte der Däne mit „Close Selections“ den ersten Echocord Longplayer heraus. Dabei öffnete Kenneth aber bereits in den Anfangsjahren die Tür für andere Künstler, unter anderem für Lowfour und den unendlich guten Anders Ilar. Im Jahr 2008 wurden dann das farbenfrohe Sub-Label Echocord Colour und im Jahr 2010 das Tochterlabel Pattern Repeat, dessen Name auch musikalisches Konzept ist, gegründet.

2011 feierte Echocord mit der Jubilee Compilation bereits die Veröffentlichung der fünfzigsten EP und der zehnten CD. Mittlerweile ist der Echocord Output dreistellig und enthält viele zeitlose Highlights. Bemerkenswert sind beispielsweise die EPs von Quantec aus dem Jahr 2007 und sein 2008er Album „Unusual Signals“. Ein Zeitpunkt, der für Kenneth auch eine neue Blütezeit des Dub Technos einläutete.

Ebenfalls bemerkenswert ist die hellblaue 2012er EP „Obsessed“ von Function auf dem experimentierfreudigen Sub-Label Echocord Colour. Die EP enthält neben dem fantastischen Original zwei mindestens ebenbürtige Remixe der Künstler SCB und Substance. Kenneth erinnert sich: „Wir wollten ein wirklich starke und kraftvolle Platte machen und tatsächlich wurde es eine ganz große Veröffentlichung. Wahrscheinlich eine der meistverkauften Platten des Labels.“

Der Entstehungsprozess von „Obsessed“ war dabei laut Kenneth typisch für das Echocord-Label: „Function hatte bereits einige Male in meinem Club gespielt und wir sprachen dann auch in Kopenhagen das erste Mal über seine Ideen für diesen Track.“ Die beiden Remixer waren ebenfalls alte Bekannte und schon standen die Hauptbeteiligten für eine neue Veröffentlichung fest. Kenneth dazu: „Echocord ist eigentlich wie eine Familie. Ich arbeite meistens mit denselben Künstlern und manchmal kennt jemand jemanden oder ein neuer, wirklich besonderer Künstler taucht auf.“

Auch wenn sich Echocord bei seinen Veröffentlichungen primär auf sein existierendes Netzwerk verlässt, ignoriert Kenneth unverlangt zugesendete Demos nicht, allerdings hat er seine ganze eigene Demo-Politik: „Ich bekomme täglich mehr Demos als ich mir anhören kann. Ich mag es aber, wenn Leute etwas Besonderes machen und mir beispielsweise ihre Demos ganz altmodisch als CD per Post schicken und mir eine Geschichte zu den Tracks erzählen. Oder sie senden mir ein paar Tracks, bei denen ich hören kann, dass sie ganz speziell für Echocord gemacht wurden. Wenn ich merke, dass die Tracks an zig Labels gleichzeitig gesendet wurden, höre ich sie mir erst gar nicht an.“

Hat sich Kenneth dann mal für einen Künstler und seine Tracks entschieden, führt - außer bei wenigen Alben und Compilations - an Vinyl kein Weg vorbei. Darauf im Interview angesprochen bekennt sich Kenneth ausdrücklich zur Schallplatte: „Ich liebe diesen gesamten Vinyl-Prozess, wenn die Tracks fertig sind, sie gemastert werden und man sich über die gute Soundqualität freut. Und dann sucht man das passende Artwork und Cover. Dieser gesamte Prozess bei der Veröffentlichung von Musik ist für mich etwas wirklich Wichtiges.“ Und weiter: „Wenn ich keine Platten verkaufen würde, gäbe es Echocord nicht. Dann ist das auch kein Label für mich. I mean, record label is records, come on!“

Als viel gebuchter und seit mehr als 25 Jahren aktiver DJ führt für Kenneth auch beim Auflegen kein Weg am Vinyl vorbei: „Ich liebe es! Ich habe mehr als zehn Jahre in Plattenläden gearbeitet und natürlich lege ich Vinyl auf.“ Dabei ist trotz der heutigen digitalen Dominanz in den Clubs die Platte noch immer ein DJ-Medium, mit dem laut Kenneth zu rechnen ist: „Viele DJs legen in meinem Club auf und eine Menge von Ihnen nutzen Schallplatten. Und wir haben eine Menge neuer Talente in Kopenhagen und sie alle nutzen Vinyl und das ist einfach wunderbar zu beobachten.“

Trotz seines Dreifachjobs als DJ und Club- sowie Labelbesitzer geht Kenneth auch im dreizehnten Echocord-Jahr seine Veröffentlichungsplanung tiefenentspannt an. In den kommenden Wochen stehen bereits Releases von alten Bekannten in den Startlöchern, für sein Projekt Pattern Repeat ist er aktuell ohne Zeitdruck im Studio und sicher wird für 2015 auch irgendwoher noch ein neues Album kommen.

Rückblickend auf die Echocord Geschichte meint Kenneth abschließend: „Es ist verrückt aber ich hatte keinen richtigen Plan als ich das Label gegründet habe. Es war nur eine kleine Idee und ich wusste nicht, was zu erwarten war. Ich habe einfach Tag für Tag daran gearbeitet. Mit dem Club ist es das gleiche. Und dann ist es langsam immer größer geworden.“

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