Nebenrollen im Tatort: Im Schatten der Kommissare

Heimliche Stars oder unheimlich frustriert: Die kleinen Tatort-Rollen, und wer dahinter steckt.

Berlin. Sie stehen stets im Schatten der Kollegen, die im „Tatort“ den Kommissar mimen dürfen: Schauspieler wie die kleinwüchsige Christine Urspruch, die in den Krimis aus Münster die schlagfertige Gerichtsmedizinerin „Alberich“ spielt, Tessa Mittelstaedt als findige Kölner Mordkommissions-Assistentin Franziska oder Ernst-Georg Schwill in der Rolle des um keinen Spruch verlegenen Berliner Faktotums Lutz Weber, der sich von den Herren Chefermittlern keineswegs unterbuttern lässt.

Während die einen aus ihren Rollen kleine Kabinettstückchen machen, bringen es andere nie über die Rolle des Stichwortgebers hinaus, der mit breitem Dialekt für Lokalkolorit sorgt — und einige schmeißen aus lauter Frust auch schon einmal die Brocken hin.

So hatte Ingo Naujoks, der jahrelang den verschrobenen Mitbewohner der kühlen niedersächsischen „Tatort“-Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) spielte, im vergangenen Jahr die Nase voll von seiner Rolle als neurotischer Martin Felser.

Er stieg aus der beliebten ARD-Reihe aus. „Es ging für den Charakter von Martin einfach nicht mehr weiter“, sagte der Schauspieler. „Das ist das Schlimmste, was einer Rolle passieren kann.“

Auch Michael Fitz, der lange Zeit im Münchner „Tatort“ treubrav seinen Dienst als gutmütiger und oft geknechteter Carlo unter den Ermittlern Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) versah, hatte eines Tages genug vom Schattendasein.

Der Schauspieler, der nach eigener Aussage von seinen beiden „Tatort“-Kollegen bisweilen auch dann noch veräppelt wurde, wenn die Kamera aus war, sah keine interessante Perspektive mehr für seinen Carlo.

Neue Wege schlug auch Maren Eggert ein, die im Kieler „Tatort“ im Schatten von Axel Milberg alias Kommissar Borowski eine Psychologin gespielt hatte — sie kündigte, um schauspielerisch neue Wege zu gehen und ein Theaterengagement in Berlin anzunehmen.

„Im ‚Tatort’ bin ich immer an Stelle drei“, sagte etwa Tessa Mittelstaedt, die in den Krimis aus Köln die Assistentin Franziska Lüttgenjohann der beiden Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) spielt, in einem Interview.

Während viele der Pathologen, Spurensicherer, Assistentinnen oder Staatsanwälte im „Tatort“ nie über die Rolle einer rein funktionalen Randfigur hinauskommen, haben sich einige selber zu kleinen Stars entwickelt, die von den Fans der Krimireihe geliebt werden.

So wartet etwa der beliebte „Tatort“ aus Münster mit mehreren markanten Nebenrollen auf, allen voran die wegen ihrer Kleinwüchsigkeit despektierlich Alberich genannte Gerichtsmedizinerin Silke Haller (Christine Urspruch), die oft das letzte Wort hat.

Aber auch der von Claus D. Clausnitzer gespielte kiffende Taxifahrer Herbert Thiel sorgt in den oft skurrilen Fällen aus Münster für Heiterkeit. Genauso wie Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann), deren Reibeisenstimme jeden Mörder erzittern lässt.

Dass eine Nebenrolle im „Tatort“ einen Darsteller oft populärer machen kann als zehn Hauptrollen in anderen Filmen, weiß auch Joe Bausch, einer der heimlichen Stars der ARD-Krimireihe: „Es ist natürlich großartig, im wichtigsten Schaufenster des deutschen Fernsehens präsent sein zu dürfen“, sagt der Arzt und Schauspieler, der im „Tatort“ aus Köln den knochentrockenen Gerichtsmediziner Dr. Joseph Roth spielt.

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