Oscar Niemeyer: Der Meister der Kurven

Der Jahrhundert-Architekt Oscar Niemeyer ist im Alter von 104 Jahren in Rio gestorben.

Rio de Janeiro. Oscar Niemeyer galt als Meister der Kurven. Von der Arbeit besessen, war die Architektur für ihn sein Lebenselixier. Auch als über 100-Jähriger ging der Mann, der die Architektur des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat, regelmäßig in sein Büro an der Copacabana in Rio de Janeiro. Seine Werke sind geprägt von kühner Eleganz und schwungvollen Linien.

Es sind oft in Beton gegossene Gedanken, mit denen der bekennende Kommunist, der mit Kubas Revolutionsführer Fidel Castro eine lange Freundschaft pflegte, den Betrachter stets überraschen wollte. „Oscar Niemeyer, Brasilianer, Architekt. Er lebte unter Freunden und glaubte an die Zukunft“—- so schlicht wollte er in Erinnerung bleiben. In der Nacht zu Donnerstag ist er in Rio im Alter von 104 Jahren gestorben.

„Niemeyer hasste den Kapitalismus und den rechten Winkel. Gegen den Kapitalismus konnte er nicht viel ausrichten. Aber über den rechten Winkel, den Unterdrücker des Raumes, triumphierte seine freie, sinnliche und wolkenleichte Architektur“, schrieb der uruguayische Schriftsteller Eduardo Galeano über die Lebensthemen des Architekten. Vor seinen Bauten kommt sich der Betrachter stets klein vor, Staunen mischt sich mit Ehrfurcht.

Nach dem Architektur-Studium begann durch die Zusammenarbeit mit seinen Vorbildern Lucio Costa und Le Corbusier der internationale Aufstieg. 1947 prägte er den Entwurf des UN-Gebäudes am New Yorker East River. Dann folgte Ende der 50er Jahre die Hauptstadt Brasília, die er gemeinsam mit Lucio Costa schuf. In Deutschland baute er ein Wohnhaus für das Hansaviertel in Berlin (1957). Er arbeitete aber auch in Italien, Spanien, Frankreich, Israel und vielen Ländern rund um die Erde.

Während der Militärdiktatur (1964 — 1985) wurde Niemeyer in Brasilien verfolgt und mit einem Arbeitsverbot belegt. Zeitweise lebte er im französischen Exil.

Für sein Schaffen wurde der Brasilianer 1988 mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet, dem renommiertesten Preis der Architektur-Welt. Als Hundertjähriger beschrieb er seine Sicht auf die Architektur so: „Gute Architektur, die, die ich bevorzuge, ist immer Architektur, die sich unterscheidet, die sich nicht wiederholt und die die Rolle eines Kunstwerkes annimmt. Für mich müssen Kunstwerke überraschen.“

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