Krimigeschichte im Fernsehen

1952 wurden erstmals Gangster im deutschen TV gejagt. Seitdem haben die Krimis auf allen Sendern eine rasante Karriere hingelegt.

Düsseldorf. Am 29. November 1970 wurde im Deutschen Fernsehen Krimigeschichte geschrieben. Walter Richter flimmerte damals als Kommissar Trimmel in „Taxi nach Leipzig“ über die Mattscheiben und die erfolgreichste Krimireihe im deutschsprachigen Raum war geboren: der Tatort. Bis heute schalten jeden Sonntagabend rund acht Millionen Zuschauer ein, wenn Boerne, Lindholm, Stedefreund, Ballauf und Co. auf Verbrecherjagd gehen.

Dass sich die Krimireihe mehr als 40 Jahre hält, hätte damals keiner gedacht, weiß Regisseur und Drehbuchautor Michael Gutmann, der selbst schon bei einigen Tatort-Folgen Regie geführt hat: „Man hat dem Tatort damals zwei Jahre gegeben. Dass er so einschlägt, hätte keiner gedacht. Allein der Vorspann und die Sendezeit — ein sagenhaft guter Termin — haben von Anfang an gezogen“, sagt der Vize-Präsident und Leiter der Abteilung Drehbuch an der Hochschule für Fernsehen und Film in München.

Die Erfolgsgeschichte zwischen den Fernsehkrimis und dem deutschen Zuschauer hat aber nicht erst mit dem Tatort begonnen. Vielmehr war es ein Stück von Siegfried Lenz, das erste Kriminalfernsehspiel mit Titel „Inspektor Tondi“. Gelaufen ist es auf der ARD am 11. August 1952, Dauer: 29 Minuten. „Das Interessante war, dass das Stück live gesendet wurde. Im Prinzip war es ein Theaterstück in schlechter schwarz-weiß Bildqualität. Ein ästhetischer Genuss war es also nicht. Aber dennoch ein Meilenstein“, erklärt Gutmann. Vorbild für Inspektor Tondi war Alfred Hitchcocks „Rope“ (dt. Titel: Cocktail für eine Leiche), ein Stück, das ebenfalls nur an einem Schauplatz spielt.

Der erste richtige für das Fernsehen produzierte Spielfilm war ebenfalls ein Krimi. Franz Peter Wirth hat damals Regie geführt. Der Film hieß „Der Richter und sein Henker“ nach dem gleichnamigen Roman von Friedrich Dürrenmatt mit Karl Georg Saebisch als Kommissar Bärlach. Und bis heute werden gerne Krimis aus der Literatur fürs Fernsehen adaptiert. „Bücher geben einfach eine solide Grundlage. Das Wichtigste bei der Adaption ist, den Krimi gründlich, auch mehrmals, zu lesen“, rät Gutmann seinen Studenten. „Man muss schrittweise die Figuren begreifen. Sehen, dass ein Sherlock Holmes anders ist als ein Kommissar Maigret beispielsweise.“ So richtige Regeln für den perfekten Krimi gebe es allerdings nicht. Nur vielleicht: „Er muss unterhalten, spannend sein.“

Neben dem Tatort gab es auch andere Meilensteine der TV-Krimigeschichte, wie „Ein Fall für Zwei“ (seit 1981), „Der Fahnder“ (1983 bis 2001) oder der „Polizeiruf 110“ (ab 1990 BRD, von 1971 an DDR). „Da sorgen zum Beispiel die Folgen aus München mit Matthias Brandt alias Hanns von Meuffels immer wieder für Aufsehen“, sagt Gutmann.

Die Ermittler und ihre Schauspieler sind untrennbar mit ihren Serien verbunden und haben auch durch ihre Beliebtheit zur Entwicklung des Genres beigetragen, darunter Horst Schimanski aus Duisburg, Max Ballauf und Freddy Schenk aus Köln, Bella Block aus Hamburg und Hannes Faber aus der frei erfundenen Stadt „G“. „Die Serie ,Der Fahnder’ wurde zwar in München gedreht, sollte aber irgendwo in Nordrhein-Westfalen angesiedelt sein. Die Autokennzeichen hatten als ersten Buchstaben ein „G“, sagt Gutmann.

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