Tänzer im Olympia-Marathon

Die Kompanie aus Wuppertal zeigt bei der britischen Kultur-Olympiade zehn Stücke.

Wuppertal/London. Selbst Pina Bausch hat ein olympisches Motto formuliert — auf ihre Weise. „Das wünsche ich ganz vielen Menschen: andere Kulturen und Lebensweisen kennenzulernen. Es gäbe viel weniger Angst voreinander, und man könnte viel deutlicher sehen, was uns alle miteinander verbindet. Ich denke, es ist wichtig zu wissen, in welcher Welt man lebt“, sagte die Wuppertaler Choreographin, als ihr 2007 in Tokio der Kyoto-Preis verliehen wurde.

Da erscheint es als ganz natürlicher Prozess, dass das Wuppertaler Tanztheater im Kulturprogramm der Olympischen Spiele in London selbst einen Marathon absolviert: Vom 6. Juni bis 9. Juli zeigt die Kompanie zehn Stücke in 20 Vorstellungen. „Es hat schon was Abenteuerliches. So ein dichtes Programm ist mir noch nie begegnet — nach zehn Tagen gibt es den ersten freien Tag für alle“, sagt Robert Sturm, der mit Dominique Mercy die Truppe künstlerisch leitet.

Die Logistik des Unternehmens ist entsprechend: 45 Lastwagen fahren mit den riesigen Bühnenbildern unter anderem von „Viktor“, „Nur du“ und „Der Fensterputzer“ und mehreren 100 Kostümen von der Wupper an die Themse, der Inhalt wird auf die Theater Sadler’s Wells und Barbican verteilt — wegen des aufwändigen Aufbaus könnten die Vorstellungen sonst nicht so rasch aufeinander folgen.

Die Stücke habe die Choreographin, die im Juni 2009 gestorben ist, im wesentlichen noch selbst ausgesucht, sagt Sturm. Seit eineinhalb Jahren wird das Gastspiel intensiv vorbereitet, wurden die zehn Stücke auf den Spielplan gesetzt, damit man sie bei den Proben in London nur noch auffrischen muss. Denn tagsüber ein Stück proben und abends ein anderes zu spielen, das geht bei diesem engen Zeitplan nicht — „vom Kopf her nicht“, so Sturm.

Also wird zwischen den Vorstellungen möglichst nur abends geprobt, „damit die Tänzer wenigstens mal ausschlafen können“. Ale uek (26) ist zwar der jüngste in der Kompanie, aber er weiß, dass er von „Swinging London“ wenig mitbekommen wird: „Party nach der Vorstellung — das kann man nicht mal denken.“

In die Londoner Zeit fällt allerdings auch Pina Bauschs dritter Todestag, ihre Kompanie will ihn still begehen. „Wir sind nicht so weit, dass wir offiziell etwas machen würden“, sagt Robert Sturm. „Bisher sind wir immer mit denen zusammengekommen, die wollten. Ich weiß aber nicht, ob das auch dieses Jahr so sein wird, an dem Tag sind vormittags und abends Proben für ,Palermo Palermo’.“

In der Arbeit sei sie weiterhin präsent, sagt Sturm. „Wir versuchen zu funktionieren, als wäre sie noch da. Aber gerade Pina war ja immer sehr offen für Neues. Deshalb sollten wir das Selbstvertrauen haben und flexibel sein, um die Stücke lebendig zu halten.“ Das Tanztheater müsse sich weiterentwickeln. Es sei noch nichts entschieden für 2013, „aber wir würden mit jemandem Neuen gern etwas ausprobieren“.

Dass dieser Jemand im Vergleich mit Pina Bausch von vornherein einen schweren Stand haben dürfte, fände Sturm schade: „Es kann ja nicht der Versuch sein, etwas so zu machen wie Pina. Es soll ihre Stücke nicht ablösen, sondern ergänzen. Deswegen sollten wir da sehr entspannt rangehen.“

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