Thomas Gottschalk: Der Show-Souverän tritt ab

Meist unterschätzt: Thomas Gottschalk ist mehr als ein Clown. Aber warum will er sich in der ARD verschleißen?

Friedrichshafen. Thomas Gottschalk (61) geht gelassen in seine letzte „Wetten, dass . . .?“-Sendung. „Ich werde es einfach nur genießen“, sagte er am Freitag in Friedrichshafen am Bodensee. „Und ich werde mir den Moment nicht dadurch verderben, dass ich mit schwerem Herzen vor die Kamera trete.“ Seinen Abschied von der Show sehe er professionell. „Der Zirkus geht weiter, auch wenn einer der Artisten mal das Pferd wechselt.“ Und wie immer „wird es die beste Sendung sein, die ich je gemacht habe“.

Es wird auf jeden Fall eine lange Sendung werden, womöglich übertrifft er noch seinen eigenen Überziehungsrekord von 73 Minuten aus dem Jahr 1996 — dem ZDF wird es nur recht sein.

Bei aller Rührung zum Abschied wird es aber auch keine leichte Sendung. Denn bis auf einen Tag jährt sich am Samstag der Unfall von Samuel Koch, der seit dem misslungenen Stelzensprung über das von seinem Vater gesteuerte Auto gelähmt ist. Das war der Auslöser für Gottschalks Rücktritt im Januar, aus dem das ZDF eine Winkewinke-Tournee bis Dezember gemacht hat.

Für seinen Abschied habe er keine große Rede vorbereitet, sagte Gottschalk. „Ich habe meinen Beruf nie sehr ernst genommen, weil es kein ernstzunehmender Beruf ist.“

Könnte man sich solch einen Satz von Johannes B. Kerner vorstellen? Sicher nicht. Thomas Gottschalk hat einfach diese wohltuende Distanz zu seinem hoch dotierten Job, bei dem ihm seit 1987 Millionen zusehen. Nur mal zur Einordnung: Das war das Jahr, in dem ein US-Präsident namens Ronald Reagan vor dem Brandenburger Tor sprach, und sieben Jahre vor Erfindung des World Wide Web.

In all diesen Jahren hat der Mann, der im April mit dem renommierten Grimme-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden ist, den Clown auf der Showbühne gegeben. Er hat sich grell wie ein Zirkusdirektor angezogen und den weiblichen Gästen plump ins Dekolleté gelinst. Die Selbstironie hat er darüber nicth verloren: „Der deutsche Baggerfahrer baggert und redet nicht. Ich bin der Einzige, der redet und baggert.“

Doch immer wenn etwas nicht klappt, beweist er, wie geerdet er ist, wie souverän er in seiner Spontaneität wirklich ist. So hat er nach Samuel Kochs Unfall sehr bald seine Sendung abgebrochen. die größte Show Europas. So hat er den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki milde gestimmt, der beim Deutschen Fernsehpreis den TV-Schaffenden in furioser Empörung ihre Oberflächlichkeit vorwarf. Die beiden trafen sich danach vor der Kamera zum Austausch über die Fernsehkultur. Rausgekommen ist dabei nichts, aber die Gemüter waren beruhigt.

Deshalb ist es so schwer nachzuvollziehen, warum sich dieser Gottschalk unbedingt vier Mal in der Woche im Vorabendprogramm der ARD verschleißen will. Wie sein Vorgänger Hans-Joachim Kuhlenkampff braucht er eigentlich die große Bühne und die große Geste.

Es könnte nun ein doppeltes Scheitern drohen: Gottschalk versackt im Ersten mit beliebigem Geplapper, sein Nachfolger im ZDF füllt sein Format nicht. Doch die Rechnung „minus mal minus ergibt plus“ geht hier nicht auf. Der Mann mit Wohnsitz in Malibu und einem Schlösschen in Remagen winkt jetzt schon ab: Eine Rückkehr zu „Wetten, dass . . . ?“ sei ausgeschlossen.

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