Viele Abschiede im Fernsehen

Charakterköpfe verschwinden in diesem Jahr vom Bildschirm. Die Sender nehmen das allerdings nicht zum Anlass, innovative neue Formate ins Leben zu rufen.

Berlin. 2013 ändert das Fernsehen sein Gesicht — viele Charakterköpfe verschwinden vom Bildschirm. Das Aus ereilt unter anderem ZDF-Kommissarin Rosa Roth, gespielt von Iris Berben, den Krimiklassiker „Ein Fall für zwei“ mit dem altgedienten Privatdetektiv Josef Matula (Claus Theo Gärtner), und die Krimiveteranen Schmücke und Schneider (Jaecki Schwarz und Wolfgang Winkler) aus dem „Polizeiruf 110“ der ARD.

Dabei ist keineswegs jeder Abschied freiwillig: Einige gehen, andere werden gegangen. Fernsehstar Iris Berben hat nach 19 Jahren keine Lust mehr auf die Krimireihe „Rosa Roth“. „An der Spitze des Erfolges sollte man aussteigen“, sagt die 62-Jährige. Auch ihre Kollegin Tessa Mittelstaedt gibt den Job als Assistentin beim Kölner „Tatort“ auf. Siegfried Rauch (80) geht aus Altersgründen als „Traumschiff“-Kapitän von der Brücke, und Claus Theo Gärtner (69) macht lieber eine Weltreise, als ewig den Matula zu spielen. Andere Abgänge waren und sind von Missklängen begleitet.

Für Stirnrunzeln sorgte der Beschluss von Nina Kunzendorf, den „Tatort“ aus Frankfurt nach nur fünf Fällen wieder zu verlassen. Dagegen werden Jaecki Schwarz (66) und Wolfgang Winkler (69) in Zwangsrente geschickt: Seit 1996 waren sie als Kommissare Schmücke und Schneider im „Polizeiruf 110“ aus Halle im Einsatz, jetzt ist Schluss. Nach dem Aus klagte Schwarz, sie beide seien dem Verjüngungswahn im Fernsehen zum Opfer gefallen und hätten gerne weitergemacht. Die Liste der Abgänger lässt sich fortsetzen.

So kegelt das ZDF die altersschwachen Serien „Forsthaus Falkenau“ (gestartet 1989) und „Der Landarzt“ (1987) ebenso aus dem Programm wie die erst sechs Jahre alte Düsseldorfer Krimireihe „Kommissar Stolberg“. Zudem gilt es unter Experten als ausgemacht, dass mindestens eine der ARD-Talkshows auf dem Fernsehfriedhof landen wird — als Wackelkandidaten gelten vor allem die Sendungen von Reinhold Beckmann und Anne Will.

Aber macht dieses Köpferollen auch den Weg frei für innovative Formate? Eine Erneuerung wäre mehr als angebracht, denn zuletzt trat das TV-Programm ziemlich auf der Stelle. Die Sender setzten lieber auf Neuauflagen bewährter Formate wie „Bauer sucht Frau“ (RTL) oder „Um Himmels Willen“ (ARD), als etwas Neues zu riskieren.

Das ZDF gelobt immerhin Besserung: „In den Genres Show und Fiktion erhöht der Sender seine Innovationsfrequenz“, verspricht er vollmundig in einer Selbstverpflichtungserklärung für 2013 und 2014. Davon abgesehen verheißt ein erster Ausblick aufs Programmjahr 2013 kaum neue Impulse. RTL setzt auf neue Staffeln von „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Rach, der Restaurantester“ — alles schon mal da gewesen.

Wenn bisweilen ein Fernsehereignis wie die Guttenberg-Satire „Der Minister“ (Sat.1) oder die Premiere von Til Schweiger als neuem „Tatort“-Ermittler ein Glanzlicht im grauen Programmeinerlei setzt, sind das nur Tropfen auf den heißen Stein.

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