Vo der Heydt-Museum - Werke der Avantgarde: Ein vibrierender Sturm

Das Von der Heydt-Museum in Wuppertal versammelt in „Der Sturm“ meisterliche Werke der Avantgarde.

Wuppertal. Verschlungen sind die Wege auch in der Kunst. Ausgerechnet Wuppertal, genauer gesagt die damals noch eigenständigen Städte Barmen und Elberfeld waren einmal Leuchttürme der modernen Kunst. 1910 wurden hier bereits die Künstler des Blauen Reiter ausgestellt, 1911 hatte Oskar Kokoschka eine Einzelausstellung im Barmer Kunstverein — bevor Köln auf diese Künstler aufmerksam wurde und lange bevor sich Berlin rührte.

Da musste erst Else Lasker-Schüler kommen, die in Elberfeld geboren wurde und in Berlin noch mit dem Schriftsteller und Multitalent Herwarth Walden verheiratet war. Die Dichterin ebnete den Avantgarde-Künstlern den Weg in Waldens 1912 eröffnete Galerie „Der Sturm“. Sie war erst das umstrittenste (die Zeitgenossen gifteten über „farbenspritzende Brüllaffen und die „Gemäldegalerie eines Irrenhauses“) und dann das wichtigste Forum für moderne Kunst, das von Berlin auf Europa ausstrahlte.

Das Wuppertaler Von der Heydt-Museum spürt die früheren Verbindungen 100 Jahre später wieder auf. Expressionisten, Kubisten, Futuristen, Dadaisten, Konstruktivisten und Bauhaus-Vertreter wurden in den 170 Ausstellungen der Galerie bis 1932 präsentiert. Den theoretischen Überbau dazu lieferte die gleichnamige Zeitschrift, die Walden 1910 mit Alfred Döblin gegründet hatte.

Rund 200 Spitzenwerke, die fast alle damals bei Walden hingen, hat die Kuratorin Antje Birthälmer aus dem In- und Ausland zusammengetragen. Einen Raum füllen die vibrierenden Porträts von Oskar Kokoschka, eine Strecke leuchtender Gemälde lässt Wassily Kandinskys künstlerische Entwicklung plastisch werden.

Robert Delaunays kubistische „Türme von Laon“ stehen in wirkungsvollem Kontrast zu den scheinbar naiven „Fröhlichen Spaßmachern“ seines Freundes Henri Rousseau. Heinrich Campendonks mystische Tiere ruhen in sich, während Marc Chagall seine in Rot schwelgende „Fliegende Kutsche“ abheben lässt. Der Maler aus Paris wurde durch seine Ausstellung bei Walden überhaupt erst bekannt.

Der Berliner war zudem einer der ersten Galeristen, der Werke von Frauen ausstellte. Heute kann man nun die Belgierin Marthe Donas mit ihrem feinen Kubismus und die Niederländerin Jacoba von Heemskerck mit ihren strengen Kompositionen wieder entdecken.

Und weil die kunstsinnigen Bürger im Tal der Wupper Anfang des 20. Jahrhunderts manches Gemälde kauften und einige später dem örtlichen Museum vermachten, eröffnet diese Ausstellung den Wuppertalern auch die Gelegenheit, prächtige Werke von August Macke, Franz Marc und Gabriele Münter mal aus dem Depot hervorzuholen.

So wie Herwarth Walden die Moderne in Kunst und Literatur, Musik und Theater zusammenführte, so belässt es auch das Von der Heydt-Museum nicht bei einer Sparte. An den Wuppertaler Bühnen hat am 15. April das Stück „Mann“ des „Sturm“-Redakteurs Lothar Schreyer Premiere. Wissenschaftlich untermauert wird die Schau durch die Düsseldorfer Kunstprofessorin Andrea von Hülsen-Esch. Sie hat mit einer Gruppe von bis zu 20 Studenten die Ausstellungsgeschichte des „Sturm“ erstmals untersucht.

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