Wolfgang Abendroth: Sphärenklänge aus dem Orbit

Der Kantor Wolfgang Abendroth erfand ein neues Instrument zwischen Orgel und Computer.

Düsseldorf. Wenn es in einer Kirche plötzlich klingt wie in einem Science-Fiction-Film mit allerhand sphärischen Geräuschen, schwirrenden und sirrenden Tönen, dann könnte der Düsseldorfer Kirchenmusiker Wolfgang Abendroth seine Finger im Spiel haben.

Er baute sich ein neuartiges Instrument zwischen Orgel und Computer. "Orbit" lautet sein Name. "Or" steht für "Organ" und "bit" für "binary digit" (kleinste Informationseinheit zur Darstellung von Daten). "Klänge können sich im Raum bewegen wie Körper in einer Umlaufbahn", erklärt Abendroth das Namenswortspiel.

Zum Instrument gehören zwei Touchscreen-Monitore, ein Spieltischgehäuse mit drei Manualen, acht Lautsprecher und ein handelsüblicher Computer. "Der Computer ist das am wenigsten Wertvolle an dem Instrument", sagt Abendroth. Er könne über die Jahre immer wieder durch einen noch moderneren ersetzt werden, um immer bessere Soundeffekte verarbeiten zu können.

Das futuristisch-poppige Design stammt von dem Künstler Tobias Rehberger, der auch die kleine Berger Kirche farbenfroh ausgestaltete. In der Diakoniekirche werden nur noch selten Gottesdienste abgehalten. Heute dient sie als Raum für Stille, Diskussionen und Labor für künstlerische Experimente.

Dort findet auch die neuartige Konzertreihe "Orbit" statt. Kürzlich konzertierte Abendroth gemeinsam mit dem Italiener Claudio Brizi, der ein anderes kurioses Instrument im Gepäck hatte, das Claviorganum - ein Mischung aus Cembalo und Orgel.

Nun ist Wolfgang Abendroth hauptamtlich nicht Instrumentenbauer und Experimentierkünstler, sondern Kantor der großen, im Düsseldorfer Zentrum gelegenen Johanneskirche.

Der 32-Jährige mit den dunklen Haaren leitet dort seit acht Jahren die Kantorei und den Düsseldorfer Kammerchor. Als Organist machte er sich auch außerhalb von Düsseldorf einen Namen. "Ich spiele noch gern eine Orgel mit 5000 Pfeifen", betont Abendroth.

Sein Orbit könne zwar schier unendlich viele verschiedene Klänge erzeugen, doch an eine Kirchenorgel komme es niemals heran. Jede Pfeife habe einen eigenen Klangcharakter. "Das führt zu einem Ausmaß an Lebendigkeit, das keine Elektronik der Welt bieten kann."

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