„Ansteckungsgefahr“ im Gefängnis

Kommentar Propaganda durch inhaftierte Islamisten

Ein radikaler Islamist wird in den Knast geschickt und drei kommen wieder raus. Eine solche düstere Rechnung muss gar nicht falsch sein. Warum soll es in unseren Gefängnissen anders zugehen als in Frankreich, wo die islamistischen Attentäter von Paris in der Haft radikalisiert worden sein sollen?

Das Gefängnis als Besserungsanstalt zu verstehen, ist schon mit Blick auf den ganz „normalen“ Straftäter blauäugig. Die Öffentlichkeit blendet diesen Gedanken regelmäßig aus. Da wird nach hohen Strafen gerufen. Und verdrängt, dass die Täter früher oder später wieder unsere Nachbarn sein werden. Um sie zu möglichst guten oder jedenfalls ungefährlichen Nachbarn zu machen, bedarf es viel Arbeit — im Strafvollzug und durch Bewährungshelfer.

Diese Arbeit ist umso schwieriger in den Fällen, in denen die Inhaftierten einem ganz anderen Kulturkreis angehören. Wenn sie eine andere Sprache sprechen, keine soziale Perspektive haben und anfällig für einfache Ideologien sind. Menschen, die vielleicht nur eine diffuse Vorstellung vom Islam haben. Oder die zuvor damit gar nichts am Hut hatten. Sie glauben bereitwillig Versprechungen einer dubiosen Heilslehre, der sie sich unterordnen, ohne selbst nachdenken zu müssen.

Mehr Imame als Gefängnisseelsorger — diese Forderung ist berechtigt. Personen mit Autorität, die es schaffen könnten, bereits straffällig Gewordene von ihrem eingeschlagenen Weg abzubringen. Die ihnen eine andere, friedliche Auslegung ihrer Religion vermitteln. Und die potenzielle Opfer gegen die Ansteckungsgefahr immunisieren. Doch ganz so leicht sind solche Autoritäten nicht zu finden. Es hat schon Fälle gegeben, in denen Bewerber um einen solchen Posten abgewiesen wurden — weil der Verdacht bestand, dass diese selbst ideologische Propaganda im Sinn hatten.

Neben religiösen Betreuern und Seelsorgern wird es auch in besonderem Maß darauf ankommen, das Wachpersonal ausreichend im Umgang mit der schwierigen Tätergruppe zu schulen. Und das Personal braucht Verstärkung. Verstärkung durch Kollegen, die die Sprachen der Zielgruppen verstehen. Nur so lassen sich Radikalisierungs-Tendenzen frühzeitig erkennen.

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