Auch Klaus Wowereit fliegt nicht

Regierender Bürgermeister übersteht Misstrauensvotum

In Berlin bleibt alles beim Alten: Niemand fliegt. Das gilt auf absehbare Zeit für Passagiere des Pannen-Flughafens genauso wie für den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit. Wie nicht anders zu erwarten war, haben SPD und CDU aus Angst vor Neuwahlen ihren Treueschwur gehalten und das Misstrauensvotum der Opposition abgeschmettert.

Die Probleme am fehlgeplanten und -gebauten Milliardenprojekt sind damit aber noch immer nicht gelöst. Und man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass Wowereit nicht der Mann ist, der sie in den Griff bekommen wird. Auch sein selbstbewusstes Auftreten kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Regierungschef längst eine „lame duck“ ist, eine „lahme Ente“, die die Bundeshauptstadt nicht nach vorne bringen wird.

Dabei braucht Berlin eine starke Führung. Nicht allein wegen eines Flughafens, der sich als Milliardengrab zu entpuppen scheint, sondern auch wegen einer Hauptstadt, die kompetente Entscheidungsträger benötigt, um Wege aus der eigenen Misere zu finden.

Da sind die schweren Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich, die großen sozialen Probleme mit Parallelgesellschaften und hohem Armutsrisiko sowie der akute Bildungsnotstand. In seinen mehr als elf Jahren an der Macht hat Wowereit Berlin zwar ein jugendliches, weltoffenes Image verpasst und mit der Kreativwirtschaft kokettiert, gleichzeitig aber die Problemfelder vernachlässigt.

Leider wird das Airport-Desaster dazu beitragen, die Politikverdrossenheit der Bürger weiter zu fördern. Weil niemand Verantwortung übernehmen will für Missmanagement und die Verschwendung von Steuergeldern. Es ist auch ein Lehrstück über die Hybris von Politikern, die ohne wirtschaftliche Expertise Milliardenprojekte anstoßen, um sich damit ein Denkmal zu setzen. Kosten werd*/en schöngerechnet, damit der Traum nicht schon in der Planungsphase platzt. Die Beispiele reichen von Stuttgart 21 über die Elbphilharmonie in Hamburg bis zu Kurt Becks Freizeitpark am Nürburgring.

Mit dem Namen Klaus Wowereit wird das Airport-Debakel verbunden bleiben — vom Regierenden zum reagierenden Bürgermeister. Ein tiefer Fall für einen Mann, der vor zwei Jahren noch als SPD-Kanzlerkandidat gehandelt wurde.

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