Bundestrainer Löw geht größtes Risiko

Vor dem WM-Viertelfinale der Nationalelf

Ein Kommentar von Olaf Kupfer.

Ein Kommentar von Olaf Kupfer.

Foto: Judith Michaelis

Am Donnerstag meldete sich Oliver Bierhoff zu Wort. Ihn störe die Art der Kritik an den Leistungen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. „In Deutschland hast du das Gefühl, das drückt so runter“, sagte der Teammanager. Die Botschaft: Nun lasst uns doch erst mal machen, meckern könnt ihr danach ja immer noch.

In der Tat: Deutschland steht im WM-Viertelfinale. Mal wieder, und wenn nichts ganz Außergewöhnliches passiert, wird die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw auch am Freitag gegen Frankreich eine gute Chance haben. Dass das allein in dieser Republik aber nicht auch den letzten Universitätsprofessor in den schwarz-rot-goldenen Autokorso treibt, ist nur zu einem geringen Teil einer ausgeprägten deutschen Nörgelmentalität zu verdanken. Zum weit größeren Teil ist das selbstverschuldet.

Das beginnt mit der seltsamen Wagenburgmentalität dieser Nationalelf. Die sich den Fans in Südtirol so wenig geöffnet hat wie sie in Brasilien wenig Gelassenheit ausstrahlt. Und die — indirekt — zuletzt durch Per Mertesacker im ZDF-Interview verkündet hat: Wie uns zu begegnen ist, das, bitte schön, entscheiden noch immer wir selbst. „Was wollen Sie jetzt von mir?“

Zu einer WM gehören auch 80 Millionen Bundestrainer, aus der Anteilnahme der Anhänger schöpft der DFB seine Millionenbeträge für erbaute Hotelanlagen in Santo André oder Prämien für Erreichtes. Sie denken mit, sie feiern — und sie kritisieren. Und notieren, dass sich Joachim Löw nicht zum ersten Mal angreifbar macht. Mit der Personalie Mustafi etwa, der erst ausgemustert und dann nachnominiert wurde — um dann als erste Alternative auf drei WM-Einsätze zu kommen.

Mit Philipp Lahm, der im Mittelfeld spielt, obwohl es an WM-reifen Außenverteidigern fehlt. Mit dem Festhalten an Götze und Özil, die zusammen kaum funktionieren, aber doch auflaufen. Kurzum: Löw hält so lange an seinem einmal erdachten System fest, bis er entweder gefeierter Weltmeister ist — und es allen gezeigt hat. Oder aber bis seine waghalsige Taktik schief geht. Dann wird eine längst aufgebaute Welle der Entrüstung durchs Land rollen, die den Bundestrainer hinwegspült. In diesem Fall wäre es sehenden Auges passiert.

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